Initiative Pro Netzneutralität

Nachruf: Thomas Schweisthal 1961 - 2023

4. Juli 2024 13:48

© Foto: T. Schweisthal

Can you hear me Major Thoms? - Dies schrieb ich in die Betreffzeile meiner letzten Email an Thomas. Das war im April 2024. Er hat meine Nachricht nicht mehr lesen können, denn er war Mitte Dezember 2023 gestorben. Nach über 4 Tausend und 220 Emails konnte ich mir das nicht vorstellen, obwohl er mir schon länger nicht mehr geantwortet hatte.

Wie er mir noch im Dezember schrieb, hatte er sich an einer Schule mit COVID infiziert, wo er Einzelbetreuung für eine Schülerin machte. Er war sicherlich geimpft und damit vor dem Schlimmsten geschützt. Natürlich machte ich mir mit der Zeit Sorgen um ihn. Ich dachte aber, daß es ihm wohl viel zu schlecht geht, als daß er Lust hätte, sich zum Beantworten einer Email aufzuraffen. Dafür hatte ich absolutes Verständnis.

Es war üblich, daß wir unsere Namen in der Anrede verballhornten. Oft hatte das einen inhaltlichen Bezug zur vorausgegangenen Email. Naja, als ich nach Major Thoms fragte, flog er halt durch das Universum und war schon sehr weit von der immer noch sehr schönen aber auch sehr kranken Erde entfernt.


© Foto: T. Schweisthal
Angefangen hat unsere Fernunterhaltung mit einer Email vom 3. September 2001, in der ich anfragte, ob wir gegenseitig Links setzen wollen. Zwischen dieser Email und seiner letzten vom 5.12.23 sind immerhin ein paar Jahre vergangen. Ich habe seinen Sohn Leon virtuell mit aufwachsen gesehen. Thomas hat auch aus meinem Leben viel mitbekommen. Es gab ja immer irgend etwas zu erzählen oder wir schimpften über die Auswüchse des Kapitalismus. Zusätzlich gab es eine große Schnittmenge in unseren Interessen. Z.B. Musik, manchmal recht heftig krachende oder sehr skurile.

Es ging hie und da auch um Literatur, obwohl ich von der Social Beat Szene der 90er Jahre, für die er für mich stand, absolut keine Ahnung hatte. Immerhin kannte ich Charles Bukowsky, weil der Zündfunk, eine Sendung des Bayerischen Rundfunks, noch zu meiner Schulzeit Texte von ihm präsentierte. Diese haben mich geradezu vom Hocker gehauen. War halt was anderes als die Literatur, die uns in der Schule nahegelegt wurde. Aber auch dort fand ich an Droste-Hülshoff und Mörike Gefallen. Und an Kafka!

Thomas mußte sich hinter Bukowsky nicht verstecken, der sicher eines seiner Vorbilder war. Er war wie ich ein großer Fan von ihm. Thomas konnte ohne Zweifel super gut schreiben, wirklich! Er hätte es verdient gehabt, darin sein Auskommen zu finden. Dann würde jetzt eine Ehrentafel an dem Haus hängen, in dem er die letzten Jahre seines Lebens lebte: Hier wohnte von 2012 bis 2023 Thomas Schweisthal, Schriftsteller, geboren 07.12.1961 in Bonn, gestorben am 15.12.2023 in Regensburg, Autor von Kurzgeschichten, Gedichten und dem teils verfilmten Fortsetzungsroman "Strand an der Donau", der nur durch sein Ableben ein Ende fand.

Der Roman hatte natürlich kein Ende. So plump war der nicht angelegt. Daran haben sich die größten Literaturkritiker unserer Zeit die Zähne ausgebissen. Auch war von Anfang an nicht klar, um was es überhaupt geht. Charaktere, äußerst interessant Personen, tauchten auf und verschwanden wieder, aus unerfindlichen Gründen. Manche waren sympathisch, andere waren absolute Kotzbrocken, auch Damen. Sie alle hatten gemeinsam, daß sie sehr lebensecht und faszinierend geschrieben waren. Dummerweise bezogen sie sich immer wieder auf längst verschwundene Charaktere aus vorausgegangenen Ausgaben. Das kurbelte den Verkauf der Bände enorm an. Menschen die sich aufgrund einer Empfehlung nur einen bestimmten, angeblich besonders guten Band gekauft hatten, erwarben nach und nach alle Ausgaben.

Außer daß er sich COVID eingefangen hatte, schrieb mir Thomas, daß er im gesamten Mund- und Rachenraum zum Teil vereiterte Aphthen (Schleimhautgeschwüre) hatte. Des Weiteren starke Halsschmerzen, einen Scheißhusten, Schnupfen und eine unangenehme Riechstörung, deren Folgen ich wörtlich zitieren möchte: "Von einer auf die andere Stunde hat mein einst leckerer Kaffee wie eine Mischung aus Kotze, Scheiß und Leichenteilen geschmeckt. Und diese grässliche Mischung schmecke ich jetzt nach und nach in immer mehr Lebensmitteln..."

Ich machte mir wegen COVID keine schlimmen Sorgen um ihn und ging davon aus, daß er irgendwann wieder gesund wird. Er war ja in ärztlicher Obhut. Wohl sah ich das Risiko von Long-COVID und hoffte, daß es ihn nicht erwischt.

Er hatte zwei kleine Webseiten. Eine für seinen 1998 gegründeten Verlag PO EM PRESS und eine als Versuch, nach seiner Ausbildung zum Heilpraktiker als selbiger Fuß zu fassen. Das hat aber nicht geklappt und den Verlag betrieb er aus finanziellen Gründen schon lange nicht mehr. Dort konnte schon länger keines der von ihm herausgegebenen Bücher, ähnlich unterschätzter Autoren wie er, bestellt werden. Als ich die Verlagsseite aufrufen wollte, war sie nicht mehr da. Die andere Seite war auch weg. Erst jetzt machte ich mir ernsthafte Sorgen um Thomas.

Ich wählte seine Telefonnummer. Ich sprach auf den Anrufbeantworter, der noch lief. Ich weiß ja, Leon wohnt ebenfalls da. Erst passierte nichts, deshalb rief ich noch zwei mal an, wußte aber nicht, was ich sagen sollte.

Dann rief Johanna, die Lebensgefährtin von Thomas, zurück: "Bist Du der Bruno Zacke?" Wir redeten eine ganze Weile und wußten erstaunlich viel übereinander. Vielleicht war es nicht das Wichtigste, aber ich hakte gleich wegen den Webseiten nach, deren Adressen verloren zu gehen drohen, um dann irgendwann meistbietend verhökert zu werden. Die Daten der Seiten hatte ich ja, nicht aber die Domains.

Inzwischen konnte ich die ehemalige Verlagsseite als Andenken an Thomas wieder unter der Originaladresse ins Internet stellen. Ich kann mir außerdem nichts Besseres vorstellen, um ihn als Verleger und Autor zu portraitieren.

Wegen diesen beiden Webseiten haben wir uns auch sehr viel hin und her geschrieben. Ursprünglich hatte Laura Kamikaze, eine Künstlerin und Bekannte, die Verlagsseite designt. Ich habe sie übernommen und behutsam modernisiert. Später habe ich die Heilpraktikerseite komplett erstellt. Ich habe ihm sogar ein wenig HTML und CSS beigebracht, da es aber nur wenig zu updaten gab und ich das machte, hat er es wohl wieder vergessen. Immerhin bekam er einen kleinen Eindruck davon, wie Webseiten funktionieren und daß dies keine Zauberei, sondern oft nur simpler Text ist, den der Browser bunt darstellt. Beliebig kompliziert geht aber schon.

Nach Auskunft der Ärzte im Krankenhaus ist Thomas gar nicht an COVID, sondern an Streptokokken gestorben. Solche entzündeten Aphthen, wie sie Thomas in seiner Email schilderte, sind typisch für eine Streptokokkeninfektion. Leider habe ich das erst nachschlagen, nachdem ich davon erfuhr. Natürlich bin ich medizinischer Laie, auch wenn ich mich zu den - laut WHO-ICD (Diagnose- und Abrechnungsschlüssel) - sogenannten seltenen Erkrankungen und zu Hormonschadstoffen ein wenig eingearbeitet habe und u.a. damit in den sozialen Medien unterwegs bin.

Warum wurde Thomas Erkrankung nicht besser diagnostiziert?

Das ist eben dieser eiskalte Kapitalismus, wo Menschen entweder privat versichert oder für die Ärzteschaft nur eine gesichtslose Nummer sind. Obwohl es hier ein Gedankensprung zu sein scheint, würde mir Thomas zustimmen: Der Klimawandel ist das Äquivalent des unverschämten Reichtums von ein paar Wenigen! Bitte 10 mal wiederholen!

Alles funktioniert nach den Regeln des Kapitalismus, sogar das Gesundheitssystem. Der Kapitalismus hat aber keine Zukunft oder wird haben keine! Wenigstens bleibt dieser worst case Thomas erspart. Mir wäre es aber lieber, er hätte noch erlebt, ob wir das mit dem Klima besser hin bekommen. Oder ob endlich mal Kriege aufhören und die Verantwortlichen angemessen bestraft werden.

Natürlich habe ich mit Thomas selber auch ein paar wenige Male telefoniert. Aber während sich diese Anrufe längst im Wasser der Lethe aufgelöst haben, sind unsere Emails immer noch da.

Zu Beginn unserer langen digitalen Korrespondenz war er Buchhälter, wie ich ihm immer schrieb. Dann machte er nebenbei eine Heilpraktikerschulung, während ich für eine Selbsthilfegruppe ehrenamtlich Fachtexte aus dem Englischen übersetzte. Ab da war Gesundheit und Umwelt für uns ein bleibendes Thema. Erst recht, als das Corona-Virus im Anmarsch war.

Sein recht langer Buchhälterjob im Homeoffice war irgendwann zu Ende. Das Jobcenter genehmigte eine Weiterbildung, doch er merkte, daß sich die Buchhälterei zu etwas weiterentwickelt hatte, das nicht mehr seins war. Schließlich fand er einen Job, den er sehr gerne machte. Er betreute einzelne Schüler:innen. Er saß mit ihnen im Unterricht, erklärte oder reichte auch mal ein Taschentuch und half ihnen bei den Hausaufgaben. Er war damit erfolgreich. Er erzählte oft von seinen Schützlingen. Beschämend fand ich, daß der Träger ihn über die Sommerferien stets entließ und danach wieder einstellte. Auch das ist der häßliche Kapitalismus, wenn selbst Vereine mit sozialem Vereinszweck derart handeln müssen.

Eine Geschichte war sehr rührend. Der Mafioso, so nannten wir ihn unter uns, lernte nicht nur schlecht, sondern hatte "soziale Defizite". Obwohl er sich gut entwickelte, meinte die Klassenlehrerin, die Thomas zuvor noch dafür gelobt hatte, daß der Aufwand vergeblich und der Mafioso besser in einer Sonderschule aufgehoben wäre. Die Mutter, zu der Thomas einen guten Draht hatte, konnte dies verhindern und brachte ihr Kind in einer anderen Schule, vermutlich ganz ohne Betreuung, unter.

Inzwischen betreute er jemand anderes an einer neuen Schule, als ihm dort ausgerechnet der Mafioso auf die Schulter tippte: Hallo Thomas! Er konnte inzwischen dem Unterricht ohne Hilfe folgen und hatte genau so viele Kumpels wie andere Schüler. Einen besseren Lohn kann es für eine Arbeit nicht geben, auch wenn das keine schlechte Bezahlung aufwiegt.

Eine andere Geschichte, die auch erzählenswert gewesen wäre: Ein etwas älterer Ehemaliger "mit Migrationshintergrund", der sich anfänglich nichts zutraute und die Schule gut schaffte, wartet nun vergebens, daß Thomas mit ihm für seine Lehrlingsprüfung lernt.


© Foto: T. Schweisthal
Ob Thomas die letzten Jahre als Autor noch etwas schrieb, weiß ich leider nicht. Zumindest hatte er das Schreiben nach dem Ausklingen des Social Beats, nicht aufgegeben. Er verfaßte Gedichte, die er Feierabendpoems nannte, wie er mir 2004 mitteilte. Feierabendgedichte klingt entweder nach Häkeldeckchen oder Anarchismus, meinte ich. Ich weiß nicht mehr, ob ich damit auf den "anarchistischen" Erkenntnistheoretiker Paul Feyerabend anspielte. Er entschied sich für Häkeldeckchen und schickte mir eines. Vielleicht waren diese sein Privatvergnügen und ein Geschenk an seine Angehörigen.

Thomas hat mir zudem über die Jahre etliche Fotos geschickt. Ich habe vorhin noch einmal alle Emails auf Anhänge überprüft, um möglicherweise übersehene Fotos aufzuspüren. Es waren schöne Urlaubsfotos dabei, von den Orten, den Landschaften und der Natur. Manchmal war es auch einfach nur der Strand der Donau. Eines dieser Fotos habe ich als Titelbild ausgesucht.

Thomasio de la Palma da Gamba, ich hoffe Dir gefällt, was ich hier für Dich geschrieben habe. Nimm das mit dem Sterben nicht so schwer. Kann jedem passieren. Wird schon wieder.





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Die Nutzung eines günstigen Android-Tablets als GPS-Navi

15. Februar 2024 19:05

Baustellenabsperrung auf freiem Feld. Überschrift: Quo vadis oder Navi? © Zacke 2023Für meine Fototouren benutze ich neuerdings ein Tablet als Navi. © Foto Zacke Berlin 2023.

Zuerst stellt sich die Frage, wozu extra ein Tablet kaufen? Die meisten Menschen besitzen ein Smartphone und auf diesem gibt es stets eine Karten-App, die mir den kürzesten Weg von A nach B suchen und anzeigen kann. Abgesehen davon, daß beim Wandern eine etwas größere Kartenansicht von Vorteil sein kann, ist dies auch eine Frage der Sicherheit. Diese Apps berechnen den aktuellen Standort meist mit Hilfe von Mobilfunksignalen und nicht jedes Smartphone kann GPS-Signale empfangen. GPS Satellitensignale sind im Gegensatz zu Mobilfunksignalen überall zu empfangen. Deshalb verlasse ich mich auf unbekanntem Gebiet lieber darauf. Warum ich kein Smartphone haben möchte, spielte beim Kauf meines WiFi Tablets 1) überhaupt keine Rolle. Da meine Navigation offline funktioniert, fallen für mich außerdem keine Gebühren für eine SIM-Karte an.

Es gibt mindestens zwei Methoden, eine Navigation zu nutzen. Die erste, sich einen Weg suchen und anzeigen zu lassen, nutze ich eher dann, wenn ich aus welchen Gründen auch immer meine geplante Tour über den Haufen werfen muß. Die zweite Methode besteht darin, sich den zuvor geplanten Weg als Overlay auf der Karte anzeigen zu lassen. Zusammen mit der Anzeige der aktuellen Position läßt sich so eine Tour komfortabel und sicher nachlaufen. Was eine gute Navigations-App auch können sollte ist, die tatsächlich gelaufene Tour aufzuzeichnen und als GPX-Datei zu speichern.

Wer dennoch ein Smartphone als reine Offline-Navigation nutzen möchte, ist mit Organic Maps 2) gut bedient. Allerdings sollten Sie vorher prüfen, ob Ihr Smartphone GPS kann und ob dies aktiviert ist. Zum Testen gibt es z.B. die App SatStat. 3) Am besten testen Sie den Satellitenempfang im Freien. Organic Maps kann GPX-Dateien über die Karte legen. Dafür müssen Sie eine oder mehrere Datei über den Sternbutton importieren. Sie ist damit als Favorit gespeichert und taucht in einer Liste auf, die ebenfalls über diesen Button zugänglich ist. Dort kann Sie zur Anzeige markiert oder abgewählt werden (nach dem Import sind die Dateien markiert). Ihre eigenen aufgezeichneten Dateien bzw. Touren können natürlich auch Favoriten sein. Leider kann Organic Maps zur Zeit dieses Blogeintrages nur auf dem Iphone und nicht unter Android Tracks aufzeichnen. Dazu gibt es z.B. die App OpenTracks, die zusätzlich laufen müßte. 4) Die Farbe festzulegen, mit denen Overlays angezeigt werden, ist leider nicht so ohne weiteres möglich. Wie das geht, können Sie in den Anmerkungen 5) nachlesen. Organic Maps ist also für höhere Ansprüche leider immer noch eine Baustelle. Seien Sie bitte nicht ungeduldig mit den Entwicklern. Organic Maps ist eine gute Navi-App!

Ich benutze mittlerweile AAT. 6) Das ist tatsächlich eine all in one App. Leider habe ich lange gebraucht um heraus zu bekommen, wie die Anzeige von Overlays funktioniert. Kurz, die GPX-Dateien kommen in den Overlay Ordner, bei mir unter SD-Karte/aat/overlay. Sie können in der App auf deren Startseite unter "Liste der Overlays" aufgerufen werden. Wenn Sie auf einen Eintrag drücken, wird die Datei zur Ansicht geöffnet. Wenn Sie kurz auf die kleine Ansicht tippen, rechts über der Karte oder in der Liste rechts neben dem Eintrag, öffnet sich ein Menü und Sie können "Als Overlay verwenden" auswählen. Nun steht dieses Overlay in der "Kartenansicht" (via Startseite) zur Verfügung. Die Karte reagiert mit vier verschiedenen Menüs, je nach dem, ob Sie oben, rechts, unten oder links kurz an den Rand tippen. Im rechten Menü öffnet ganz oben der Burgerbutton ein kleines Overlay-Menü. Dort können Sie die Anzeige der zuvor ausgewählten Datei aktivieren. Allerdings zeigt das Overlay-Menü immer nur vier Dateien an. Das heißt, Dateien fliegen beim Hinzufügen Neuer wieder raus und müssen gegebenenfalls erneut zur Verwendung als Overlay aktiviert werden, wenn diese nach längerer Zeit wieder für eine Tour verwendet werden soll. Das Prozedere ist anscheinend nirgends dokumentiert, umständlich und ärgerlich! Ansonsten ist AAT recht schick und nützlich. Mich stört nur, daß die aufgezeichnete Tour wie das Overlay blau angezeigt wird. Ich habe inzwischen einen Feature-Request auf GitHub geschrieben. Per Email bekam ich den Hinweis, daß Routen anders als Tracks dargestellt werden. Das ist tatsächlich so (Hellgrün mit halb transparentem Hintergrund und viel zu vielen Kilometermarken), gefällt mir aber nicht besonders und macht für mich alles noch komplizierter. Ich werde es aber auf den nächsten Touren testen. Wenn sich bei Organic Maps oder AAT etwas tut, werde ich diesen Blogpost updaten.

Woher kommen nun die Dateien für die Overlays? Zum einen gibt es gelegentlich Touren im GPX-Format als Download. So habe ich mir von Berlin.de den gesamten Barnimer Dörferweg herunter geladen. Die meisten Touren erstelle ich aber mit einem sogenannten GPX-Editor auf dem Rechner. Für Linux gibt es diverse Programme, mit denen mensch Touren "malen" kann. Mein derzeitiger Favorit ist JGPSTrackEdit, ein in Java geschriebenes Programm, das auch unter Windows läuft. Das dafür verwendete Kartenmaterial stammt von Openstreetmap, wie auch die Offlinekarten für Organic Maps und AAT. Dieses ist qualitativ garantiert hochwertiger als Google-Karten. Gelegentlich nutze ich aber Luftaufnahmen von Bing, Google Maps und Co. um Geländedetails zu erkunden, die einer Karte nicht zu entnehmen sind.

Was GPS angeht, ist es bei Tablets nicht viel anders als bei Smartphones. Nicht jedes Modell kann GPS. Bei mir klappte es erst beim dritten Anlauf. Das erste Tablet, für gut 80 Euro, das mir sehr gefiel, wurde zwar mit GPS-Navigation beworben, hatte aber gar keinen GPS-Empfänger. Das zweite Tablet funktionierte nicht. Vermutlich war der Akku defekt. Es bootete nicht, Laden war auch nicht möglich. Ich mußte wegen einer zweiten Rücksendung etliche Zeit am Telefon verbringen. Ich hätte es vom Hersteller repariert bekommen, aber die Rücksendung an den Verkäufer war der schnellere Weg.

Nun hatte ich die nicht weniger nervige Aufgabe vor mir, Google von meinem Tablet restlos zu verbannen. Das ist bei Android leider nicht so einfach, aber die ganzen Services und all die vorinstallierte Unterhaltungsscheiße ist absolut nicht mein Fall. Ich wollte nur die Hardware und das Betriebssystem. Leider wird Android von Google entwickelt und ist mit den Google-Diensten sehr verwoben. Es gibt auf F-Droid eine ältere App, die Google still legt. Ich habe mir stattdessen alle installierten Apps anzeigen lassen. Alles was von Google kommt habe ich entweder deinstalliert oder wenn dies nicht ging, zumindest deaktiviert. Vor einer solchen radikalen Aktion sollten Sie unbedingt F-droid als Ersatz für den Google Play Store und einen Web-Browser installieren. Bei mir wurde es Fennec, ein Fork von Firefox. Android funktioniert tatsächlich ganz ohne Google Dienste.

Hier stellt sich schon wieder eine Frage, was ist so schlimm an Google? Diese Firma, die ursprünglich das Motto "Do no evil" (mache nichts Böses) hoch hielt, verdient Geld damit, uns auszuspionieren und diese Daten an Werbefirmen für zielgerichtete Werbung zu verkaufen. Google ist dabei besser als jeder staatliche Spionagedienst. Wem Datenschutz egal ist und wer nichts zu verbergen hat, kann sich ruhig mal das Projekt "MADE TO MEASURE" ansehen. 7)

Ich kann es mir nicht verkneifen, auch etwas zum Konzept Smartphone zu schreiben. Im Prinzip ist ein Smartphone ein tragbarer, sogar sehr leistungsfähiger Computer. Praktisch ist es eine Karikatur eines Computers. In einem gewissen Umfang hängt das damit zusammen, daß es von jedem Idioten bedient werden können muß, während es zugleich gegen den Zugriff durch Unbefugte gesichert sein soll. Das erklärt aber nur zum Teil, warum es die Besitzer*in genau so aussperrt wie den Dieb. Die bewußt angelegte Intransparenz wird genial verschleiert, indem ich für jede neue App diverse Berechtigungen erteilen muß. In Wirklichkeit habe ich unbedarft aber nur wenig Kontrolle über das Gerät. Das Konzept Hardware, Apps und Services in Gestalt eines Smartphones ist nichts anderes als eine Abzockmaschine. Kein Vergleich zu einem PC mit einem freien Betriebssystem, wo ich Zugriff auf alle Dateien habe. Das genau zu erklären, wäre ein eigener Blogartikel wert.

Das Konzept Hardware, Apps und Services gibt es auch bei Garmin. Ich habe mit einem Oregon 700 angefangen, mich mit Hilfe von GPS in unbekanntem Gebiet auf Fototour zu begeben. Ein Gerät, das mich wegen seiner Unzulänglichkeiten, Abstürze etc. öfter sehr wütend gemacht hat. Die meisten Anwender werden sich das Gerät inklusive einem befristeten Karten-Abonnement gekauft haben. Viele werden sich bei Garmin angemeldet haben, um Garmin Dienste zu nutzen. U.a. gibt es eine Webseite, wo mensch seine Touren zeichnen und vermutlich auch online "verwalten" kann. Zum Installieren neuer Karten braucht es extra eine Software von Garmin, die es übrigens nicht für Linux gibt. Egal, ich installiere eh keine proprietäre Software und zum Glück haben die Leute von Openstreetmap gut dokumentiert, wie mensch OSM-Karten in ein Garmin-Gerät laden kann. 8) Dazu braucht mensch keine Software, sondern muß lediglich mit Dateien hantieren können, also über Computer-Grundkenntnisse verfügen.

Kann sich mensch nun wirklich auf GPS verlassen? - Bisher dachte ich, ja. Leider hat sich das aber Dank diverser klinischer Groß-Egopathen geändert. Natürlich werden GPS-Signale im Kriegsfall gestört. Die Seite GPSJAM 9) bietet Ihnen einen Überblick, wo dies auf unserem Planeten überall geschieht. Sie können den Globus drehen und zoomen und werden feststellen, daß dies momentan weiträumig um die Ukraine herum passiert. Sie können (links oben) das Datum ändern. Am 02.02.2024 reichten die Störungen bis an die Grenze Brandenburgs. An dem Tag war ich nicht unterwegs, so daß ich nicht sagen kann, welche Auswirkungen dies hatte. Manche Leute machten sich wegen dem Flugbetrieb Sorgen. 10)

Werde ich das Tablet auch in Zukunft noch nutzen können? Leider könnte ich genau so gut fragen, wie lange es der Klimawandel noch zuläßt, daß ich bei angenehmem Wetter unbesorgt durch eine einigermaßen intakte Natur wandern kann. Insekten haben wir schon nahezu ausgerottet. Die Natur kippt nicht nur wegen zu hohem Ressourcenverbrauch und wegen überhöhtem Ausstoß von CO2. Ob wir die Kurve zu einer gemeinnützigen, schonenden Kreislaufwirtschaft hinbekommen, in der jeder Mensch die gleiche Chance auf Glück und Überleben hat, weiß ich nicht, so sehr ich darauf hoffe.

Trotzdem mein Fazit: Tschüß Garmin, ich war nie zufrieden! Mensch guckt durch ein kleines Schlüsselloch auf eine große bis großartige Landschaft, zoomt mensch etwas raus, ist alles so klein, daß nichts mehr auf dem winzigen Display mit fettem, verschwenderischem Rand zu erkennen ist. Macht da der Birdseye-Service überhaupt Sinn? Ohne jegliche Abos kostete die Garmin-Schrippe etwa 280 Euro. Das Tablet hat ca. 120 Euro gekostet. Es läuft länger als ein Tag, das Garmin lief mit einem Satz guter, teurer AA Akkus maximal 5 Stunden. Oft habe ich gegen Ende meiner Touren die Karte ausgeschaltet, damit der Trackrecorder noch Strom bis zum Bahnhof hat und ich nicht die Akkus wechseln muß. Das ist das 21. Jahrhundert! LOL! Ich habe mit dem Kauf des Tablets viel zu lange gewartet, weil ich hoffte, daß es irgend wann eine Alternative zu Android in Gestalt eines echten LINUX geben wird. Projekte, die daran arbeiten, hinken der aktuellen Hardware leider arg hinterher. Besonders mau sieht es für Tablets aus. Es gibt aber schon Alternativen zum Wegschmeißen, die viele ältere Smartphone-Modelle weiter am Leben halten. Wer dazu auf dem Laufenden bleiben möchte, folgt im Fediverse 11) am besten @mobilelinux oder @tuxdevices. 12) Diese auf Android basierenden Betriebssysteme bauen übrigens das Konzept der Services nach, weil es die Leute so gewohnt sind. Es ist aber schon ein Fortschritt, nicht großen Kommerz-Firmen zu trauen, sondern Leuten, die Datenschutz und Souveränität des Benutzers tatsächlich Ernst nehmen.

@organicmaps können Sie übrigens auch im Fediverse 13) folgen.


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Anmerkungen:


1) Lenovo Tab M8 (4th Gen)

2) F-droid wird installiert, indem Sie mit dem Browser Ihres Mobilgerätes auf f-droid.org gehen und den Anweisungen zur Installation folgen. Danach finden Sie Organic Maps in der Kategorie Navigation.
PC-Link Organic Maps auf F-droid


3) PC-Link SatStat auf F-droid

4) PC-Link OpenTracks App auf F-droid

5) Die Farben, mit denen die Tracks aus importierten Dateien von Organic Maps angezeigt werden, scheinen per Zufallsprinzip gesetzt zu werden. Dadurch sind manche Tracks auf der Karte kaum zu erkennen. Wer Quelltext editieren kann (das heißt, die GPX-Datei mit einem reinen Texteditor öffnen/kein Office Programm!), fügt folgenden Code vor dem ersten <trkseg> Tag hinzu:
  <extensions>
<gpxx:TrackExtension>
<gpxx:DisplayColor>Blue</gpxx:DisplayColor>
</gpxx:TrackExtension>
</extensions>
In diesem Fall wird der Track blau angezeigt.


6) PC-Link AAT App auf F-droid

7) MADE TO MEASURE. Ein erschreckend lehrreiches Projekt. Allerdings wäre es lächerlich, wenn Suizidprävention als Rechtfertigung für totale Überwachung herhalten müßte. Wie wäre es mit einer solidarischeren Gesellschaft, die niemand ausgrenzt und mit besseren Beratungsangeboten?

8) OpenStreetMap Wiki zu Garmin

9) gpsjam.org

10) Ostsee: Rätselhafte GPS-Störungen behindern Schiffs- und Flugverkehr (NDR)

11) axbom.com/fediverse/, fediverse.party

12) @mobilelinux@venera.social, @tuxdevices@fosstodon.org

13) @organicmaps@fosstodon.org


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Erstellt: 15. Februar 2024 19:05
Geändert: 16. Februar 2024 13:44
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WordPress sollte bereit sein, sich zum Fediverse zu öffnen.

26. Januar 2023 21:13

Autor: Chris Wiegman, 23.11.2022, WordPress Should Embrace the Fediverse
Übersetzung: BrunO


Das Fediverse grafisch als Baum dargestellt.©: Per Axbom CC: BY-SA - Original Quelle: axbom.com

Ich gebe zu, eines was ich an Mastodon schätzte war, daß es dort weniger um WordPress ging als auf Twitter, zumindest in den Jahren seit ich dort bin. Ich konnte es mir aussuchen, ob ich mit der WordPress-Community kommunizieren wollte oder nicht. Das war praktisch, da ich beruflich mit WordPress zu tun habe.

Diese Tage sind nun Vergangenheit und ich komme damit klar. Während immer mehr Leute von Twitter in das Fediverse flüchten (jenes größere Netzwerk für das Mastodon lediglich die Zugangssoftware ist), sehe ich in der WordPress-Community ein gemischte Echo, was ich schade finde.

Aufgrund der Ideale, die WordPress und seine Community für sich beanspruchen, sollten sich WordPress-Profis jetzt dem Fediverse zuwenden. Das will ich erklären:


Das Fedivers ist OpenSource

Zu aller erst ist das Fediverse inklusive Mastodon OpenSource, anders als Twitter oder andere Plattformen von Big Tech. Es wird ebenso wenig von einer einzigen Instanz kontrolliert wie das WordPress-Projekt als Ganzes. Angesichts der Governance-Probleme von WordPress würde ich sogar so weit gehen und sagen, das Fediverse ist in vielerlei Hinsicht offener als WordPress.

Die WordPress-Community lobt gerne die Vorteile freier OpenSource Software und Plattformen. Deshalb ist es für sie an der Zeit, sich dafür jenseits des eigenen Codes stark zu machen und sich für das Fediverse und die Projekte zu engagieren, die es zu einem außergewöhnlichen Ort machen.


Fediverse bedeutet Community

Zum Zweiten macht es das Fediverse im Gegensatz zu Twitter viel schwieriger, daß sich sehr viele nur profilieren, nicht aber in einer Community engagieren wollen.

Obwohl es auf Mastodon beispielsweise Follower und Likes gibt, ist es dort weder einfach, die Zahlen dazu zu finden, noch erlaubt es die mühelose Manipulation von Algorithmen, um das System zugunsten gewisser Leute oder Markennamen zu beeinflussen. Stattdessen bekommt jede Person oder Marke der wir folgen die gleiche Position in unseren Timelines. Diese hängt nur davon ab, wann die Nachricht abgeschickt wurde. Es gibt keinen Algorithmus dafür und kein Herumspielen mit selbigem. SEO oder ähnliches macht keinen Sinn. Meine Nachrichten oder die irgendwelcher Berühmtheiten sind in meinem Nachrichten-Feed gleich lange sichtbar, unabhängig davon, wer sie abgeschickt hat. Engagement wird eher als Konversation stattfinden als daß nur Reposts oder Likes gezählt werden. Es gibt keinerlei Werbung für Accounts, eigentlich auch sonst keine Reklame und damit können wir wunderbar leben.

WordPress behauptet, daß seine wahre Stärke in seiner Community liegt. Das Fediverse ist die erste Plattforn, wo diese Community frei von Manipulation wirklich gedeien kann. Das bietet uns eine gute Chance, eine Community für alle und kein Sprachrohr für wenige zu schaffen.


Das Fediverse ist viel ethischer

Warum ist das Fediverse für die Community besser? Weil das Fediverse von Natur aus bessere Werte hat. Es gibt dort keine Werbtreibenden, denen es gefallen muß, keine Daten die gesammelt werden müssen, um uns in ihre Fänge zu treiben. Natürlich könnten und werden manche Fediverse-Server [im Original: Instanzen] dies irgendwann ändern. Dem auszuweichen ist aber sehr einfach, indem die Instanz gewechselt wird, wobei automatisch Deine Follower und die von Dir Gefolgten mitgenommen werden. [Anmerkung: Ganz so einfach ist es derzeit noch nirgens im Fedi, aber mensch kann sich entsprechende Listen oder alle Daten des Accounts herunterladen und in die neue Instanz importieren. Zur Sicherheit sollte beides probiert werden.]

Natürlich stimmt es, daß es im Fediverse genau so wie auf Twitter bösartig Akteure gibt. Werkzeuge wie Mastodon und andere Netzwerke im Fediverse machen es aber einfacher, sie zum Schweigen zu bringen. Nach meiner Erfahrung geschieht das im Fediverse sogar effektiver. Beispielsweise kann [auf Mastodon, aber nicht überall] nur nach Hashtags gesucht werden, nicht nach bestimmten Worten. Dies erschwert Bots [automatisierten Accounts], aus welchen Gründen auch immer andere Accounts in's Visier zu nehmen. Wenn es ein Problem gibt, kann die Instanz, auf der Du angemeldet bist, über das lokale Blocken eines Accounts hinaus, die komplette Instanz [von der Bots oder Trolle kommen] deföderieren [blocken]. So werden die Probleme immer mehr zu deren Problem und sie werden von der ganzen Community isoliert [wenn andere Instanzen das Gleiche tun!].

Ich versuche nicht zu behaupten, das wäre perfekt. Kein von Menschen gemachtes System ist dies. Was ich sage ist, daß es keine Möglichkeit gibt, die Seele von Mastodon an Investoren oder sonst wen zu verkaufen. Es ist von Menschen für Menschen gemacht und nicht von Big Tech für seine Werbekunden. Die Benutzer werden weder getrackt oder manipuliert, noch geht es um möglichst lange Verweildauer am Bildschirm, so daß ein weit weniger süchtig machendes und gesünderes Netzwerk von Menschen entsteht.

WordPress wirbt schon lange für seine Tugenden als Open Source und für seine Werte, bei denen es vor allem um Community und die Inklusion aller geht. Das Fediverse macht es einfacher, solche Worte in die Tat umzusetzen, da es einen Ort bietet, an dem alle willkommen sind und wo bösartige Akteure einfacher entfernt werden können. Zugleich ist sichergestellt, daß jeder Teilnehmer jenseits der Übel der Überwachungs-Kapitalisten eine gleichberechtigte Stimme hat.


Das Fediverse ist der richtige Ort für WordPress

Ich könnte jetzt weitere Gründe aufzählen, warum sich mehr WordPress-Leute für das Fediverse stark machen sollten, aber ich denke, die drei von mir vorgebrachten sprechen letztendlich dafür, daß die von WordPress beanspruchten Ziele und Werte besser in einer Community wie dem Fediverse aufgehoben sind. Das Fediverse fördert Open Source und gibt jeder/jedem eine Stimme. Anders als die Big Tech-Dienste, wo die Lautesten gewinnen und viele nicht einmal einen Platz am Tisch bekommen.

Für WordPress ist es an der Zeit, sich dem zu öffnen und Anstrengungen zu unternehmen, das Fediverse zu einem besseren Ort für alle zu machen. Vielleicht können WordPress-Hoster anfangen, technisch betreute Instanzen von Mastodon oder Pixelfed anzubieten. Vielleicht können WordPress-Entwickler anfangen, Mastodon, Pixelfed oder andere Projekte mit Code zu unterstützen oder vielleicht können wir wenigstens damit anfangen, das ActivityPub-Protokoll, mit dem das Fediverse [nicht ausschließlich!] funktioniert, auch in WordPress direkt einzubauen, wie Matt Mullenweg [für Tumblr] bekannt gab.



Amerkung des Übersetzers:

Nachtrag: Tumblr gehört wie WordPress zu Mullenwegs Automattic.

Die Idee, das ActivityPub-Protoll direkt in Content Management Systeme zu implementieren finde ich hervorragend. Das sollte nicht auf die Software von Wordpress beschränkt sein. Dieses Protokoll wurde vom W3-Konsortium als Webstandard für soziale Netzwerke empfohlen und warum sollten Blog-Maschinen nicht direkt in's Fediverse posten? Das wäre eine Chance für gute aber unbekannte Blogs, mehr Beachtung zu finden und das Fediverse wäre, neben den von Chris Wiegman angeführten Argumenten, ein guter Ort, Blogartikel zu diskutieren. Mit einem WordPress-Plugin ist das bereits möglich.

Die Rechtslage für Blogs und Blog-Kommentare ist längst geregelt. Die Serverbetreiber im Fediverse bewegen sich offenbar noch auf rechtlich unsicherem Gebiet, außer daß illegale Inhalte unerwünscht sind und gelöscht werden sollen. Die Diskussion der Rechtslage, auch international und Erfahrungen mit den Gerichten, inklusive Forderungen an die Politik, stehen dem Fediverse noch bevor. Ich sehe dem gar nicht pessimistisch entgegen. Das muß vernünftig geregelt werden, auch wenn Politiker eher zur Unvernunft tendieren, denn inzwischen nutzen selbst Behörden auf Anraten des Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber aus Datenschutzgründen das Fediverse.

Zum besseren Allgemeinverständnis habe ich Erläuterungen und Ergänzungen in eckigen Klammern hinzugefügt, da Mastodon nicht nur sein eigenes Marketing, sondern auch einen eigenen Sprech hat. Ich habe außerdem andere Links gesetzt.

Den englischen Artikel können Sie hier im Original lesen: https://chriswiegman.com/2022/11/wordpress-should-embrace-the-fediverse/

Er ist unter folgenden Lizenz erschienen: CC: BY-NC-SA. Diese Lizenz gilt auch für meine Übersetzung.

Chris Wiegman auf Mastodon: chris@mastodon.chriswiegman.com


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Erstellt: 26. Januar 2023 21:13
Geändert: 27. Januar 2023 14:45
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Das Politikum um die Friedenstatue in Moabit

12. April 2022 22:03

Friedensstatue von Kim Seo-kyung und Kim Eun-sung. Foto © Zacke 2022

Heute empfehle ich die Lektüre eines Artikels von Dorothea Mladenova, der am 15.02.22 auf Japan Focus veröffentlicht wurde. Es ist nicht der erste Artikel den ich las, der etwas mit "Comfort Woman" (Trostfrauen) für japanische Soldaten zu tun hat. Leider wird dieses Thema von anderen Medien viel zu selten aufgegriffen.

Die beschönigende, international gebrauchte Umschreibung Trostfrauen bezeichnet Zwangsprostituierte. Vielleicht wurde der Begriff in Japan geprägt. Angeblich sollen sie ja ihren "Dienst" freiwillig geleistet haben. Sie wurden, wie betroffene Frauen berichteten, mit falschen Jobversprechen für diese "Tätigkeit" rekrutiert.

Die Autorin merkt zum von mir verwendeten Begriff Zwangsprostitution an, daß unter Historikern und auch in der AG Trostfrauen noch viel gestritten wir, welcher Begriff der passendste ist. Der UN-Bericht von 1996 (PDF-Link) geht von sexueller Sklaverei aus.

Obwohl der Artikel für meine Blogverhältnisse relativ lang ist, erwägte ich, ihn zu übersetzen, falls ich die Rechte dafür bekäme. Doch da die Autorin an der Uni Leipzig unterrichtet, nahm ich zu ihr direkten Kontakt auf und sie erstellte eine Deutsche Fassung. Mein Dank gilt hier nicht nur ihr, sondern auch der akademischen Infrastruktur, die das so einfach ermöglichte.

So wie die - aus in Japan gesammelten Münzen gegossene - Friedensglocke im Volkspark Friedrichshain die Atombombenabwürfe auf Japan memoriert, soll diese Statue für Gewalt gegen Frauen nicht nur im Krieg stehen. Sie wurde vom südkoreanischen Künstlerpaar Kim Seo-kyung und Kim Eun-sung geschaffen, da ein Großteil der Frauen Koreanerinnen waren. Sie kamen aber aus vielen Ländern, inklusive aus Japan.

Wie von der Friedensglocke gibt es von der Statue weltweit viele Exemplare. Davon allein vier in Deutschland, zu Teil aber auf privatem Grund. Im Text wird erklärt, daß der Kontext des Ortes auch am dem mitschreibt, was die Statue darstellt. Ist sie also mit ihrem asiatischen Gesicht Multikulti? Wenn, dann aber eher das östliche, als das Kreuzberger. Warum haben dann manche offenbar Probleme mit dem asiatischen Gesicht, wo doch neben vielen Türken auch sehr viele Asiaten zum typischen Berlin gehören?

Hautfarben bei Emojis, mögen auf den ersten Blick übertrieben erscheinen, aber Überlegungen, inwieweit wir immer noch Denkmuster des Kolonialismus perpetuieren, sind es wert angestellt zu werden. Der Mensch als Weißer, meistens auch männlich, dominiert weltweit. Weiße, eher europäisch oder amerikanisch anmutende Frauengestalten, tauchen sogar in der japanischen Werbung auf. Das sehe ich immer wieder auf den Webseiten diverser japanischer Fotografen. Aber auch in afrikanischen Ländern ist weiße Haut scheinbar besser. Deshalb wenden dort viele Frauen gesundheitsschädliche Cremes zur Hautaufhellung an. Und in Indien sollen, wie mir die Autorin schrieb, Menschen mit dunklerem Teint signifikant schlechtere Chancen auf dem Heiratsmarkt haben.

Detail Friedensstatue von Kim Seo-kyung und Kim Eun-sung. Foto © Zacke 2022
Die meisten Probleme mit dieser Statue in Berlin hat die japanische Botschaft, weil sie nur die "Trostfrauen" und die bisher immer noch nicht offiziell eingestandene Schuld des japanischen Staates in ihr gesehen sieht. Weltweit wehrt sich Japan gegen die Aufstellung dieser Statuen und gegen die Erinnerung an seine Verbrechen im sogenannten zweiten Weltkrieg. Auf der anderen Seite hat diese Statue eben nicht nur als symbolische Darstellung einer wohl recht jungen Zwangprostituierten, sondern als Friedenstatue eine allgemeine, und als Darstellung einer betroffenen Frau, für die Frauenbewegung eine besondere Bedeutung. Gewalt gegen Frauen ist ubiquitär.

Die Symbolik der Statue ist sehr komplex und geht über die bloße Abbildung einer Zwangsprostituierten weit hinaus. Die Autorin beschreibt neben den verschiedenen Bedeutungen der Statue für verschiedene Gruppen die vielschichtigen, mit ihr verbundenen Diskurse und Konflikte. Dieser Vielschichtigkeit wird mein Beschreibungsversuch nicht gerecht und es ist auch nicht meine Absicht, eine Zusammenfassung des Textes anzubieten, die ein Lesen des Originals erübrigt. Sie müssen den Text mit seinen fast 30 Seiten schon selber lesen und er ist es wirklich wert.

Zehn Tage nach Aufstellung der Statue wurde die dafür gewährte Genehmigung durch die zuständige Bezirksverwaltung Berlin Mitte aufgrund des diplomatischen Drucks Japans widerrufen. Unter öffentlichem Druck von an der Aufstellung beteiligten Organisation, Demonstrationen und viel Solidarität, u.a. auch von in Berlin lebenden japanischen Künstlern, knickte der Bezirk erneut ein und widerrief den Widerruf der Genehmigung. Damit hat die Statue aber noch keine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten, denn die ursprüngliche Genehmigung galt nur für ein Jahr und ist, ohne Aussicht auf eine weitere Verlängerung, um nochmal ein Jahr verlängert worden. Das wäre bis zum 28. September 2022. Außerdem gibt es neben dem Beschluß des Bezirks, zugunsten der dauerhaften Erhaltung der Statue, einen der FDP zu "verdankenden" Beschluß, ein weniger kontroverses Denkmal zu sexueller Gewalt in bewaffneten Konflikten aufzustellen.

Worauf soll das hinaus laufen? Die FDP-verwässerte Statue an einem prominenten Ort und die Friedensstatue irgenwo versteckt, wo nicht viele Menschen hin kommen?

Bei meinen beiden Versuchen, die Friedensstatue einigermaßen gut zu fotografieren, wunderte ich mich, daß sie anscheinend nicht dem männlich jugendlichen Schmiervandalismus zum Opfer fällt. Sie wird laut Text von den Initiatoren gepflegt. Es soll auch möglichst oft ein Ansprechpartner vor Ort sein. Bei meinem ersten Versuch kam ein Mann vorbei und schenkte der Statue eine gelbe Narzisse. Gerne hätte ich die Statue mit der Mütze fotografiert, welche ihr die Omas gegen Rechts für die Kälte spendierten.

Diese Statue ist bitter nötig. Es gibt eine hohe Dunkelziffer von häuslicher Gewalt gegen Frauen und im Krieg ist sexuelle Gewalt gegen Frauen seit jeher ein Mittel der Wahl. Aktuell geschieht dies in der Ukraine durch russische Soldaten. Aus so gut wie allen Kriegen gibt es entsprechende Berichte, so auch aus dem anhaltenden Krieg in Syrien. Was syrische Soldaten syrischen Frauen angetan haben, war hier bei uns nicht von großem Interesse. Immerhin ist bekannt, daß das von Assad erst großgezogene Monster Islamischer Staat jesidische Frauen verschleppt und sexuell versklavt hat. Deshalb wundert auch nicht, daß sich Menschen jesidischer Herkunft für die Friedenstatue in Berlin stark machen.

Funfact: Es gibt zwei transportable Version der Statue aus Plastik, von denen eine mit dem Zug nach Berlin reiste und auf einem Rollstuhl an einer Demo teilnahm. Auch darüber schreibt die Autorin. Lesen Sie bitte die deutsche Version (PDF-Link) von Dorothea Mladenovas Artikel.


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Link zum original Artikel auf Japan Focus:
The Statue of Peace in Berlin: How the Nationalist Reading of Japan’s Wartime "Comfort Women" Backfired
https://apjjf.org/2022/4/Mladenova.html
Japan Focus auf Twitter: @apjjf

Uniseite von Dr. des. Dorothea Mladenova:
ドイツ ライプチッヒ大学 東アジア研究所 日本学科
https://www.gkr.uni-leipzig.de/personenprofil/mitarbeiter/dorothea-mladenova

Die Friedensstatue online:
https://trostfrauen.de

Korea-Verband e.V.:
https://www.koreaverband.de/
Twitter: @koreaverband

Omas gegen Rechts Berlin:
https://omasgegenrechts.berlin
Twitter @OMASGEGENRECHTS


Ergänzung:

Vortrag vom 05.04.2022 im Rahmen der Reihe "Postkoloniale Erinnerungsarbeit und transnationaler Feminismus" zusammen mit Prof. Dr. Steffi Richter: Umkämpfte Geschichte, geteilte Vergangenheit. "Trostfrauen" und sexuelle Gewalt in Ostasien.
Auf Youtube ansehen: https://youtu.be/NoZ7zRNpK68

Nachdem an verschiedenen Orten russische Botschaften mit roter Farbe, bzw. Theaterblut markiert oder Gartenteiche rot eingefärbt wurden, haben nun Frauen am 13.04.2022 vor der russischen Botschaft in Tallinn Estland eine bizarre Protestaktion durchgeführt. Youtube: https://youtu.be/tqQTmur1IJY


Noch bis zum 11.10.2022 kann eine Petition für den Verbleib der Friedensstatue unterzeichnet werden:



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Erstellt: 12. April 2022 22:03
Geändert: 12. Mai 2022 12:42
URL: http://blog.ufocomes.de/index.php?id=159





Erneute Klage beim BVerfG gegen das geänderte Klimaschutzgesetz

3. Februar 2022 19:55

Visualisierung der Klimaerwärmung - © Ed Hawkins CC: BY


Am 26.01.22 reichte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zusammen mit 9 jungen Menschen erneut eine Verfassungsbeschwerde gegen das Klimaschutzgesetz (KSG) ein. Das KSG von 2019 wurde erst 2021 von der damaligen Bundesregierung unter Merkel überarbeitet und ist seit 31.08.21 in Kraft. Aufgrund einer Entscheidung des BVerfG vom 24.03.21, vergl. vorheriger Blogeintrag, mußten die Klimaziele angepaßt werden. Nach der alten Fassung von 2019 sollte die Treibhausgasemission bis 2030 um 55 Prozent gesenkt werden. Die Klimaneutralität war für 2050 anvisiert. In der neuen Fassung ist für 2030 eine Senkung der Treibhausgase um mindesten 65 Prozent angestrebt. 2040 sollen es 88 Prozent sein. Für diese Zahlen gilt das Jahr 1990 als Referenz.

Die Bundesregierung hat zwar auf das Urteil des BVerfG reagiert und es scheinheilig gelobt, ob das geänderte Gesetz aber die Vorgaben des Richterspruchs erfüllt, ist mehr als zweifelhaft.

Die 162 seitige Klageschrift (PDF-Link) der DUH legt anhand von Rechenmodellen des Weltklimarates Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) sehr ausführlich dar, weshalb das veränderte KSG nicht ausreicht, die Klimaerwärmung auf 1,5° C zu begrenzen. Damit ist das KSG nach wie vor in Teilen verfassungswidrig, verstößt gegen Artikel 20a des Grundgesetzes und auch gegen das Pariser Klimaabkommen, in dem Ende 2015 eine Begrenzung auf deutlich unter 2° C verbindlich vereinbart wurde.

Anzumerken ist, daß völkerrechtliche Vereinbarungen, wenn es hart auf hart kommt, nicht wirklich bindend sind. Sie verpflichten die Unterzeichner bestenfalls moralisch, nicht aber juristisch, da es, vielleicht sogar zum Glück, keine Welthoheit gibt. Das Völkerrecht funktioniert nur, weil sich die meisten Staaten daran halten. Es gibt genug Gegenbeispiele.

In der Klageschrift geht es um unterschiedliche Szenarien, bei welchem Minderungspfad (d.h. bei welchen Zielvorgaben s.o.) welche Temperaturbegrenzung mit welcher Wahrscheinlichkeit erreicht wird und welcher Minderungspfad für die Einhaltung des 1,5° Zieles erforderlich wäre. Stets geht es um die Restbugets an noch möglichem CO2 Ausstoß, die bis zum Erreichen unterschiedlicher Werte der Klimaerwärmung zur Verfügung stehen. Ein Vergleich mit der realen Dynamik des CO2 Ausstoßes läßt erkennen, daß wir auf dem besten Weg sind, das Klima zu versemmeln.

Ich erwarte, daß das BVerfG dieser Klage stattgibt. Dies müßte sich eigentlich aus dem ersten Urteil ergeben. Ansonsten müßte sich das Gericht mächtig verrenken, um zu belegen, daß mit dem derzeitigen KSG das Klimaschutzziel von 1,5° C noch eingehalten werden könnte, um ein irreversibles Kippen des Klimas zu verhindern.

Könnte es die Klage womöglich auch abweisen?

Ein wenig wurde ich aufgeschreckt, als ich mit halbem Ohr hörte, das BVerfG habe eine Klage der DUH und mehrerer jüngerer Menschen abgewiesen. Es ging aber nicht um die hier beschriebene Klage gegen das KSG sondern darum, daß das Gericht am 01.02.22 elf DUH-Klagen gegen Bundesländer nicht zur Entscheidung angenommen hatte. Diese Bundesländer haben entweder ebenfalls unzureichende oder gar keine Klimaschutzgesetze. Das Gericht verwies auf die bestehenden Regelungen auf Bundesebene und sah keinen Grund für diese Klagen.

Was denke ich über diese erneute Klage gegen das aktuelle KSG?

In der Klageschrift wird mehrmals gewarnt, daß ein Weiterso oder Nichtagieren irgendwann eine harte Notbremse erfordern würde. Ich frage mich, ob es diese tatsächlich jemals geben wird, oder ob bestimmte Interessengruppen nicht alles tun werden, die Klimaerwärmung auch weit über 2° C hinaus ansteigen zu lassen, damit ihre Geschäfte nicht gestört werden. Desinformationskampagnen starten, 100 Nobelpreisträger finden, die den Klimawandel anzweifeln, ist ja kein Problem für diese Leute.

Die Klageschrift, die sich nicht ganz einfach liest, mag der Argumentation vor dem hohen Gericht gut dienen. Meiner Meinung nach übernimmt sie aber den Blick auf das Klimaproblem von jenen, die an den Schalthebeln sitzen. Es sieht so aus, als ginge es vor allem darum, unter Ausnutzung der Restbugets das Erreichen der Klimaneutralität so weit wie irgend möglich hinauszuzögern, um vorher noch den Maximalprofit heraus zu schlagen.

Scheiß auf die Bugets! Warum fangen wir nicht sofort damit an, alle technischen Möglichkeiten zu nutzen, um ein Kippen des Klimas abzuwenden? Wir haben sehr viele dazu geeignete Techniken und ich glaube an die Kreativität des Menschen, so gut wie alle technischen Probleme zu lösen.

Damit mich niemand falsch versteht, die Klage und eine erneute Entscheidung des BVerfG für das Klima ist bitter nötig!

Schon jetzt wird uns Angst gemacht, daß die Rettung des Klimas teuer wäre und sozial Schwache besonders treffen würde. Dabei wird natürlich im Hier und Jetzt ausgeblendet, wie sehr eine vollendete Klimakatastrophe sozial Schwache treffen würde, während die Eliten wahrscheinlich hoffen, sich irgendwo auf diesem Planeten vor dem Klima verstecken oder auf einen anderen Planeten in der Nähe retten zu können. Jeff Bezos privates Raumflugprogramm könnte so gedeutet werden.

Abgesehen davon, daß eine harte Bremse jetzt angenehmer wäre, als eine solche im Angesicht einer nicht mehr kalkulierbaren Zukunft, könnte der Umbau unserer Lebensweise auf eine mit diesem Planeten kompatible auch so gestaltet werden, daß die Menschen nicht von Veränderungen abgeschreckt werden, die der Rettung des Klimas dienen. Eine Politik für's Klima müßte nur gewollt sein. Politik müßte für alle Menschen und nicht nur für die Eliten gemacht werden. Leider ist dies über Jahrzehnte so gelaufen.

Wir könnten mit dem anfangen, wovon die Menschen unmittelbar etwas haben. Wir könnten sofort anfangen, unsere Städte zu begrünen. Leider ist hier in Berlin das Gegenteil der Fall: Mit der Amtsübernahme von Frau Giffey als Berliner Bürgermeisterin wurden in meiner unmittelbaren Umgebung zwei Kiezoasen abgeholzt, in der weiteren Umgebung zwei weitere. Würde es sich angenehmer wohnen, könnten Verkehrsberuhigung und Tempolimit mit weniger Widerstand eingeführt werden, weil die Menschen sehen, daß sie nicht nur verzichten müssen, sondern auch etwas dafür bekommen.

Ein bundesweiter Mietendeckel und die Vergesellschaftung großer Wohnungsbaukonzerne könnte bei allen Menschen Vertrauen in die Politik und in eine lebenswerte Zukunft aufbauen. Auch hier wird es in Anbetracht der starken Immobilienlobby nicht ohne Gerichte und viel bürgerliches Engagement gehen. Letztlich müßte für jeden Menschen eine nicht hinterfragbare materielle Grundlage für das Existenzrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit durchgesetzt werden. Stattdessen haben wir ein paar Ultra-Superreiche, die immer reicher werden und immer mehr Menschen, die von der Hand in den Mund leben. Dabei reicht es für viele auf diesem Planeten nichteinmal für ausreichend Nahrung, ein Dach über dem Kopf, sauberes Trinkwasser oder eine Toilette. Als Hoffnungsschimmer gibt es Wohlhabende, die durchaus bereit wären, durch höhere Besteuerung ein wenig zu mehr Gerechtigkeit beizutragen. Eine ähnliche Initiative entstand bereits 2011, zu Zeiten der Occupy Wallstreet Bewegung.

Die Verteuerung von Produkten (durch nachhaltige Produktion) könnte durch erhöhe Regelsätze der Sozialleistungen ausgeglichen werden, zumal das eine wirkungsvolle Wirtschaftsförderung darstellt. Oder wie wäre es mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen, noch mehr Wirtschaftsförderung, statt Entmündigung durch ein menschenunwürdiges Bestrafungssystem?

Lokale Kleinbetriebe und der Mittelstand müßten gefördert werden, statt nur davon zu sprechen. Die Anzahl der Autos müßte durch Carsharing verringert und eine Förderung von eAutos beim Neukauf eingeführt werden, erst Recht da, wo es zum Auto noch keine Alternative gibt. Nicht zuletzt müßte die nachhaltige Energieproduktion schnellstens ausgebaut werden.

Beim "Fördern" geht es nicht nur um den Einsatz von Geld, sondern um bessere Gesetze und den Abbau von behindernder Bürokratie. Nachhaltige Energien sind auf dem Markt, der angeblich alles selber regelt, längst günstiger als fossile Energie. Windkraft ist die günstigste Art, Energie zu gewinnen. Das Beispiel des Windparks Coesfeld zeigt, daß dies mit Zustimmung und Beteiligung der lokalen Bevölkerung möglich ist. Und was kostet der angeblich so billige Atomstrom (PDF-Link)? Wie will mensch das Betriebsrisiko von AKWs und das unlösbare Atommüllproblem einpreisen?

An dieser Stelle müßte ich eigentlich eine komplexe Wirtschaftsabhandlung verfassen. Eine nachhaltige Gesellschaft müßte so eingerichtet werden, daß nicht nur die Rohstoffe zirkulieren, also recycled werden und daß die Produkte nachhaltiger, also dauerhafter und reparierbarer werden. Auch das Geld müßte hier bei uns zirkulieren und die Gewinne dürften nicht an die großen "offshore" Firmen abfließen. Darüber haben sich schon viele Leute den Kopf zerbrochen und es wurde auch praktisch gezeigt, daß es funktioniert. Zum Beispiel mit dem Chiemgauer. Eine Balance zwischen regionaler und globaler Wirtschaft wäre sicher von Nöten, aber die Wirtschaft sollte den Bedürfnissen aller Menschen und deren Versorgung mit Gütern und nicht der individuellen Profitmaximierung ohne jegliches moralisches Maß dienen.

Ich müßte in meiner Abhandlung alle existierenden Bemühungen für eine bessere Welt aufzählen und in einen Zusammenhang bringen, den jeder erkennen kann. Ich müßte den kompletten Umbau unserer Gesellschaften beschreiben und würde dabei sicher auch Fehler machen. Z.B. denken wir oft viel zu Erste Welt-zentrisch. Meine Denkfehler würden jedoch den Sinn des Ganzen nicht in Frage stellen, wenn der Wille zur Veränderung da wäre und wenn immer mehr Menschen darüber nachdenken würden, wie wir nicht nur das Klimaproblem lösen können.

Den Willen zur Veränderung in der Politik müssen wir leider durchsetzen, d.h. mühselig erstreiten. Appelle genügen nicht und dafür ist diese Klage ein gutes Mittel, einen kleinen oder vielleicht sogar größeren Schritt voran zu kommen.

In der Klageschrift heißt es, Deutschland könnte mit gutem Beispiel voran gehen. Das heißt, wir können das Klimaproblem zwar nicht allein lösen, aber es macht einen Unterschied, wenn jemand ernsthaft damit anfängt und andere ermutigt, das Gleiche zu tun.



Bitte diese Petition mitzeichnen und verbreiten:

© Finanzwende. Mit freundlicher Genehmigung.


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Erstellt: 3. Februar 2022 19:55
Geändert: 3. Februar 2022 19:55
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