Initiative Pro Netzneutralität

WordPress sollte bereit sein, sich zum Fediverse zu öffnen.

26. Januar 2023 21:13

Autor: Chris Wiegman, 23.11.2022, WordPress Should Embrace the Fediverse
Übersetzung: BrunO


Das Fediverse grafisch als Baum dargestellt.©: Per Axbom CC: BY-SA - Original Quelle: axbom.com

Ich gebe zu, eines was ich an Mastodon schätzte war, daß es dort weniger um WordPress ging als auf Twitter, zumindest in den Jahren seit ich dort bin. Ich konnte es mir aussuchen, ob ich mit der WordPress-Community kommunizieren wollte oder nicht. Das war praktisch, da ich beruflich mit WordPress zu tun habe.

Diese Tage sind nun Vergangenheit und ich komme damit klar. Während immer mehr Leute von Twitter in das Fediverse flüchten (jenes größere Netzwerk für das Mastodon lediglich die Zugangssoftware ist), sehe ich in der WordPress-Community ein gemischte Echo, was ich schade finde.

Aufgrund der Ideale, die WordPress und seine Community für sich beanspruchen, sollten sich WordPress-Profis jetzt dem Fediverse zuwenden. Das will ich erklären:


Das Fedivers ist OpenSource

Zu aller erst ist das Fediverse inklusive Mastodon OpenSource, anders als Twitter oder andere Plattformen von Big Tech. Es wird ebenso wenig von einer einzigen Instanz kontrolliert wie das WordPress-Projekt als Ganzes. Angesichts der Governance-Probleme von WordPress würde ich sogar so weit gehen und sagen, das Fediverse ist in vielerlei Hinsicht offener als WordPress.

Die WordPress-Community lobt gerne die Vorteile freier OpenSource Software und Plattformen. Deshalb ist es für sie an der Zeit, sich dafür jenseits des eigenen Codes stark zu machen und sich für das Fediverse und die Projekte zu engagieren, die es zu einem außergewöhnlichen Ort machen.


Fediverse bedeutet Community

Zum Zweiten macht es das Fediverse im Gegensatz zu Twitter viel schwieriger, daß sich sehr viele nur profilieren, nicht aber in einer Community engagieren wollen.

Obwohl es auf Mastodon beispielsweise Follower und Likes gibt, ist es dort weder einfach, die Zahlen dazu zu finden, noch erlaubt es die mühelose Manipulation von Algorithmen, um das System zugunsten gewisser Leute oder Markennamen zu beeinflussen. Stattdessen bekommt jede Person oder Marke der wir folgen die gleiche Position in unseren Timelines. Diese hängt nur davon ab, wann die Nachricht abgeschickt wurde. Es gibt keinen Algorithmus dafür und kein Herumspielen mit selbigem. SEO oder ähnliches macht keinen Sinn. Meine Nachrichten oder die irgendwelcher Berühmtheiten sind in meinem Nachrichten-Feed gleich lange sichtbar, unabhängig davon, wer sie abgeschickt hat. Engagement wird eher als Konversation stattfinden als daß nur Reposts oder Likes gezählt werden. Es gibt keinerlei Werbung für Accounts, eigentlich auch sonst keine Reklame und damit können wir wunderbar leben.

WordPress behauptet, daß seine wahre Stärke in seiner Community liegt. Das Fediverse ist die erste Plattforn, wo diese Community frei von Manipulation wirklich gedeien kann. Das bietet uns eine gute Chance, eine Community für alle und kein Sprachrohr für wenige zu schaffen.


Das Fediverse ist viel ethischer

Warum ist das Fediverse für die Community besser? Weil das Fediverse von Natur aus bessere Werte hat. Es gibt dort keine Werbtreibenden, denen es gefallen muß, keine Daten die gesammelt werden müssen, um uns in ihre Fänge zu treiben. Natürlich könnten und werden manche Fediverse-Server [im Original: Instanzen] dies irgendwann ändern. Dem auszuweichen ist aber sehr einfach, indem die Instanz gewechselt wird, wobei automatisch Deine Follower und die von Dir Gefolgten mitgenommen werden. [Anmerkung: Ganz so einfach ist es derzeit noch nirgens im Fedi, aber mensch kann sich entsprechende Listen oder alle Daten des Accounts herunterladen und in die neue Instanz importieren. Zur Sicherheit sollte beides probiert werden.]

Natürlich stimmt es, daß es im Fediverse genau so wie auf Twitter bösartig Akteure gibt. Werkzeuge wie Mastodon und andere Netzwerke im Fediverse machen es aber einfacher, sie zum Schweigen zu bringen. Nach meiner Erfahrung geschieht das im Fediverse sogar effektiver. Beispielsweise kann [auf Mastodon, aber nicht überall] nur nach Hashtags gesucht werden, nicht nach bestimmten Worten. Dies erschwert Bots [automatisierten Accounts], aus welchen Gründen auch immer andere Accounts in's Visier zu nehmen. Wenn es ein Problem gibt, kann die Instanz, auf der Du angemeldet bist, über das lokale Blocken eines Accounts hinaus, die komplette Instanz [von der Bots oder Trolle kommen] deföderieren [blocken]. So werden die Probleme immer mehr zu deren Problem und sie werden von der ganzen Community isoliert [wenn andere Instanzen das Gleiche tun!].

Ich versuche nicht zu behaupten, das wäre perfekt. Kein von Menschen gemachtes System ist dies. Was ich sage ist, daß es keine Möglichkeit gibt, die Seele von Mastodon an Investoren oder sonst wen zu verkaufen. Es ist von Menschen für Menschen gemacht und nicht von Big Tech für seine Werbekunden. Die Benutzer werden weder getrackt oder manipuliert, noch geht es um möglichst lange Verweildauer am Bildschirm, so daß ein weit weniger süchtig machendes und gesünderes Netzwerk von Menschen entsteht.

WordPress wirbt schon lange für seine Tugenden als Open Source und für seine Werte, bei denen es vor allem um Community und die Inklusion aller geht. Das Fediverse macht es einfacher, solche Worte in die Tat umzusetzen, da es einen Ort bietet, an dem alle willkommen sind und wo bösartige Akteure einfacher entfernt werden können. Zugleich ist sichergestellt, daß jeder Teilnehmer jenseits der Übel der Überwachungs-Kapitalisten eine gleichberechtigte Stimme hat.


Das Fediverse ist der richtige Ort für WordPress

Ich könnte jetzt weitere Gründe aufzählen, warum sich mehr WordPress-Leute für das Fediverse stark machen sollten, aber ich denke, die drei von mir vorgebrachten sprechen letztendlich dafür, daß die von WordPress beanspruchten Ziele und Werte besser in einer Community wie dem Fediverse aufgehoben sind. Das Fediverse fördert Open Source und gibt jeder/jedem eine Stimme. Anders als die Big Tech-Dienste, wo die Lautesten gewinnen und viele nicht einmal einen Platz am Tisch bekommen.

Für WordPress ist es an der Zeit, sich dem zu öffnen und Anstrengungen zu unternehmen, das Fediverse zu einem besseren Ort für alle zu machen. Vielleicht können WordPress-Hoster anfangen, technisch betreute Instanzen von Mastodon oder Pixelfed anzubieten. Vielleicht können WordPress-Entwickler anfangen, Mastodon, Pixelfed oder andere Projekte mit Code zu unterstützen oder vielleicht können wir wenigstens damit anfangen, das ActivityPub-Protokoll, mit dem das Fediverse [nicht ausschließlich!] funktioniert, auch in WordPress direkt einzubauen, wie Matt Mullenweg [für Tumblr] bekannt gab.



Amerkung des Übersetzers:

Nachtrag: Tumblr gehört wie WordPress zu Mullenwegs Automattic.

Die Idee, das ActivityPub-Protoll direkt in Content Management Systeme zu implementieren finde ich hervorragend. Das sollte nicht auf die Software von Wordpress beschränkt sein. Dieses Protokoll wurde vom W3-Konsortium als Webstandard für soziale Netzwerke empfohlen und warum sollten Blog-Maschinen nicht direkt in's Fediverse posten? Das wäre eine Chance für gute aber unbekannte Blogs, mehr Beachtung zu finden und das Fediverse wäre, neben den von Chris Wiegman angeführten Argumenten, ein guter Ort, Blogartikel zu diskutieren. Mit einem WordPress-Plugin ist das bereits möglich.

Die Rechtslage für Blogs und Blog-Kommentare ist längst geregelt. Die Serverbetreiber im Fediverse bewegen sich offenbar noch auf rechtlich unsicherem Gebiet, außer daß illegale Inhalte unerwünscht sind und gelöscht werden sollen. Die Diskussion der Rechtslage, auch international und Erfahrungen mit den Gerichten, inklusive Forderungen an die Politik, stehen dem Fediverse noch bevor. Ich sehe dem gar nicht pessimistisch entgegen. Das muß vernünftig geregelt werden, auch wenn Politiker eher zur Unvernunft tendieren, denn inzwischen nutzen selbst Behörden auf Anraten des Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber aus Datenschutzgründen das Fediverse.

Zum besseren Allgemeinverständnis habe ich Erläuterungen und Ergänzungen in eckigen Klammern hinzugefügt, da Mastodon nicht nur sein eigenes Marketing, sondern auch einen eigenen Sprech hat. Ich habe außerdem andere Links gesetzt.

Den englischen Artikel können Sie hier im Original lesen: https://chriswiegman.com/2022/11/wordpress-should-embrace-the-fediverse/

Er ist unter folgenden Lizenz erschienen: CC: BY-NC-SA. Diese Lizenz gilt auch für meine Übersetzung.

Chris Wiegman auf Mastodon: chris@mastodon.chriswiegman.com


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Erstellt: 26. Januar 2023 21:13
Geändert: 27. Januar 2023 14:45
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