Initiative Pro Netzneutralität

Die Nutzung eines günstigen Android-Tablets als GPS-Navi

15. Februar 2024 19:05

Baustellenabsperrung auf freiem Feld. Überschrift: Quo vadis oder Navi? © Zacke 2023Für meine Fototouren benutze ich neuerdings ein Tablet als Navi. © Foto Zacke Berlin 2023.

Zuerst stellt sich die Frage, wozu extra ein Tablet kaufen? Die meisten Menschen besitzen ein Smartphone und auf diesem gibt es stets eine Karten-App, die mir den kürzesten Weg von A nach B suchen und anzeigen kann. Abgesehen davon, daß beim Wandern eine etwas größere Kartenansicht von Vorteil sein kann, ist dies auch eine Frage der Sicherheit. Diese Apps berechnen den aktuellen Standort meist mit Hilfe von Mobilfunksignalen und nicht jedes Smartphone kann GPS-Signale empfangen. GPS Satellitensignale sind im Gegensatz zu Mobilfunksignalen überall zu empfangen. Deshalb verlasse ich mich auf unbekanntem Gebiet lieber darauf. Warum ich kein Smartphone haben möchte, spielte beim Kauf meines WiFi Tablets 1) überhaupt keine Rolle. Da meine Navigation offline funktioniert, fallen für mich außerdem keine Gebühren für eine SIM-Karte an.

Es gibt mindestens zwei Methoden, eine Navigation zu nutzen. Die erste, sich einen Weg suchen und anzeigen zu lassen, nutze ich eher dann, wenn ich aus welchen Gründen auch immer meine geplante Tour über den Haufen werfen muß. Die zweite Methode besteht darin, sich den zuvor geplanten Weg als Overlay auf der Karte anzeigen zu lassen. Zusammen mit der Anzeige der aktuellen Position läßt sich so eine Tour komfortabel und sicher nachlaufen. Was eine gute Navigations-App auch können sollte ist, die tatsächlich gelaufene Tour aufzuzeichnen und als GPX-Datei zu speichern.

Wer dennoch ein Smartphone als reine Offline-Navigation nutzen möchte, ist mit Organic Maps 2) gut bedient. Allerdings sollten Sie vorher prüfen, ob Ihr Smartphone GPS kann und ob dies aktiviert ist. Zum Testen gibt es z.B. die App SatStat. 3) Am besten testen Sie den Satellitenempfang im Freien. Organic Maps kann GPX-Dateien über die Karte legen. Dafür müssen Sie eine oder mehrere Datei über den Sternbutton importieren. Sie ist damit als Favorit gespeichert und taucht in einer Liste auf, die ebenfalls über diesen Button zugänglich ist. Dort kann Sie zur Anzeige markiert oder abgewählt werden (nach dem Import sind die Dateien markiert). Ihre eigenen aufgezeichneten Dateien bzw. Touren können natürlich auch Favoriten sein. Leider kann Organic Maps zur Zeit dieses Blogeintrages nur auf dem Iphone und nicht unter Android Tracks aufzeichnen. Dazu gibt es z.B. die App OpenTracks, die zusätzlich laufen müßte. 4) Die Farbe festzulegen, mit denen Overlays angezeigt werden, ist leider nicht so ohne weiteres möglich. Wie das geht, können Sie in den Anmerkungen 5) nachlesen. Organic Maps ist also für höhere Ansprüche leider immer noch eine Baustelle. Seien Sie bitte nicht ungeduldig mit den Entwicklern. Organic Maps ist eine gute Navi-App!

Ich benutze mittlerweile AAT. 6) Das ist tatsächlich eine all in one App. Leider habe ich lange gebraucht um heraus zu bekommen, wie die Anzeige von Overlays funktioniert. Kurz, die GPX-Dateien kommen in den Overlay Ordner, bei mir unter SD-Karte/aat/overlay. Sie können in der App auf deren Startseite unter "Liste der Overlays" aufgerufen werden. Wenn Sie auf einen Eintrag drücken, wird die Datei zur Ansicht geöffnet. Wenn Sie kurz auf die kleine Ansicht tippen, rechts über der Karte oder in der Liste rechts neben dem Eintrag, öffnet sich ein Menü und Sie können "Als Overlay verwenden" auswählen. Nun steht dieses Overlay in der "Kartenansicht" (via Startseite) zur Verfügung. Die Karte reagiert mit vier verschiedenen Menüs, je nach dem, ob Sie oben, rechts, unten oder links kurz an den Rand tippen. Im rechten Menü öffnet ganz oben der Burgerbutton ein kleines Overlay-Menü. Dort können Sie die Anzeige der zuvor ausgewählten Datei aktivieren. Allerdings zeigt das Overlay-Menü immer nur vier Dateien an. Das heißt, Dateien fliegen beim Hinzufügen Neuer wieder raus und müssen gegebenenfalls erneut zur Verwendung als Overlay aktiviert werden, wenn diese nach längerer Zeit wieder für eine Tour verwendet werden soll. Das Prozedere ist anscheinend nirgends dokumentiert, umständlich und ärgerlich! Ansonsten ist AAT recht schick und nützlich. Mich stört nur, daß die aufgezeichnete Tour wie das Overlay blau angezeigt wird. Ich habe inzwischen einen Feature-Request auf GitHub geschrieben. Per Email bekam ich den Hinweis, daß Routen anders als Tracks dargestellt werden. Das ist tatsächlich so (Hellgrün mit halb transparentem Hintergrund und viel zu vielen Kilometermarken), gefällt mir aber nicht besonders und macht für mich alles noch komplizierter. Ich werde es aber auf den nächsten Touren testen. Wenn sich bei Organic Maps oder AAT etwas tut, werde ich diesen Blogpost updaten.

Woher kommen nun die Dateien für die Overlays? Zum einen gibt es gelegentlich Touren im GPX-Format als Download. So habe ich mir von Berlin.de den gesamten Barnimer Dörferweg herunter geladen. Die meisten Touren erstelle ich aber mit einem sogenannten GPX-Editor auf dem Rechner. Für Linux gibt es diverse Programme, mit denen mensch Touren "malen" kann. Mein derzeitiger Favorit ist JGPSTrackEdit, ein in Java geschriebenes Programm, das auch unter Windows läuft. Das dafür verwendete Kartenmaterial stammt von Openstreetmap, wie auch die Offlinekarten für Organic Maps und AAT. Dieses ist qualitativ garantiert hochwertiger als Google-Karten. Gelegentlich nutze ich aber Luftaufnahmen von Bing, Google Maps und Co. um Geländedetails zu erkunden, die einer Karte nicht zu entnehmen sind.

Was GPS angeht, ist es bei Tablets nicht viel anders als bei Smartphones. Nicht jedes Modell kann GPS. Bei mir klappte es erst beim dritten Anlauf. Das erste Tablet, für gut 80 Euro, das mir sehr gefiel, wurde zwar mit GPS-Navigation beworben, hatte aber gar keinen GPS-Empfänger. Das zweite Tablet funktionierte nicht. Vermutlich war der Akku defekt. Es bootete nicht, Laden war auch nicht möglich. Ich mußte wegen einer zweiten Rücksendung etliche Zeit am Telefon verbringen. Ich hätte es vom Hersteller repariert bekommen, aber die Rücksendung an den Verkäufer war der schnellere Weg.

Nun hatte ich die nicht weniger nervige Aufgabe vor mir, Google von meinem Tablet restlos zu verbannen. Das ist bei Android leider nicht so einfach, aber die ganzen Services und all die vorinstallierte Unterhaltungsscheiße ist absolut nicht mein Fall. Ich wollte nur die Hardware und das Betriebssystem. Leider wird Android von Google entwickelt und ist mit den Google-Diensten sehr verwoben. Es gibt auf F-Droid eine ältere App, die Google still legt. Ich habe mir stattdessen alle installierten Apps anzeigen lassen. Alles was von Google kommt habe ich entweder deinstalliert oder wenn dies nicht ging, zumindest deaktiviert. Vor einer solchen radikalen Aktion sollten Sie unbedingt F-droid als Ersatz für den Google Play Store und einen Web-Browser installieren. Bei mir wurde es Fennec, ein Fork von Firefox. Android funktioniert tatsächlich ganz ohne Google Dienste.

Hier stellt sich schon wieder eine Frage, was ist so schlimm an Google? Diese Firma, die ursprünglich das Motto "Do no evil" (mache nichts Böses) hoch hielt, verdient Geld damit, uns auszuspionieren und diese Daten an Werbefirmen für zielgerichtete Werbung zu verkaufen. Google ist dabei besser als jeder staatliche Spionagedienst. Wem Datenschutz egal ist und wer nichts zu verbergen hat, kann sich ruhig mal das Projekt "MADE TO MEASURE" ansehen. 7)

Ich kann es mir nicht verkneifen, auch etwas zum Konzept Smartphone zu schreiben. Im Prinzip ist ein Smartphone ein tragbarer, sogar sehr leistungsfähiger Computer. Praktisch ist es eine Karikatur eines Computers. In einem gewissen Umfang hängt das damit zusammen, daß es von jedem Idioten bedient werden können muß, während es zugleich gegen den Zugriff durch Unbefugte gesichert sein soll. Das erklärt aber nur zum Teil, warum es die Besitzer*in genau so aussperrt wie den Dieb. Die bewußt angelegte Intransparenz wird genial verschleiert, indem ich für jede neue App diverse Berechtigungen erteilen muß. In Wirklichkeit habe ich unbedarft aber nur wenig Kontrolle über das Gerät. Das Konzept Hardware, Apps und Services in Gestalt eines Smartphones ist nichts anderes als eine Abzockmaschine. Kein Vergleich zu einem PC mit einem freien Betriebssystem, wo ich Zugriff auf alle Dateien habe. Das genau zu erklären, wäre ein eigener Blogartikel wert.

Das Konzept Hardware, Apps und Services gibt es auch bei Garmin. Ich habe mit einem Oregon 700 angefangen, mich mit Hilfe von GPS in unbekanntem Gebiet auf Fototour zu begeben. Ein Gerät, das mich wegen seiner Unzulänglichkeiten, Abstürze etc. öfter sehr wütend gemacht hat. Die meisten Anwender werden sich das Gerät inklusive einem befristeten Karten-Abonnement gekauft haben. Viele werden sich bei Garmin angemeldet haben, um Garmin Dienste zu nutzen. U.a. gibt es eine Webseite, wo mensch seine Touren zeichnen und vermutlich auch online "verwalten" kann. Zum Installieren neuer Karten braucht es extra eine Software von Garmin, die es übrigens nicht für Linux gibt. Egal, ich installiere eh keine proprietäre Software und zum Glück haben die Leute von Openstreetmap gut dokumentiert, wie mensch OSM-Karten in ein Garmin-Gerät laden kann. 8) Dazu braucht mensch keine Software, sondern muß lediglich mit Dateien hantieren können, also über Computer-Grundkenntnisse verfügen.

Kann sich mensch nun wirklich auf GPS verlassen? - Bisher dachte ich, ja. Leider hat sich das aber Dank diverser klinischer Groß-Egopathen geändert. Natürlich werden GPS-Signale im Kriegsfall gestört. Die Seite GPSJAM 9) bietet Ihnen einen Überblick, wo dies auf unserem Planeten überall geschieht. Sie können den Globus drehen und zoomen und werden feststellen, daß dies momentan weiträumig um die Ukraine herum passiert. Sie können (links oben) das Datum ändern. Am 02.02.2024 reichten die Störungen bis an die Grenze Brandenburgs. An dem Tag war ich nicht unterwegs, so daß ich nicht sagen kann, welche Auswirkungen dies hatte. Manche Leute machten sich wegen dem Flugbetrieb Sorgen. 10)

Werde ich das Tablet auch in Zukunft noch nutzen können? Leider könnte ich genau so gut fragen, wie lange es der Klimawandel noch zuläßt, daß ich bei angenehmem Wetter unbesorgt durch eine einigermaßen intakte Natur wandern kann. Insekten haben wir schon nahezu ausgerottet. Die Natur kippt nicht nur wegen zu hohem Ressourcenverbrauch und wegen überhöhtem Ausstoß von CO2. Ob wir die Kurve zu einer gemeinnützigen, schonenden Kreislaufwirtschaft hinbekommen, in der jeder Mensch die gleiche Chance auf Glück und Überleben hat, weiß ich nicht, so sehr ich darauf hoffe.

Trotzdem mein Fazit: Tschüß Garmin, ich war nie zufrieden! Mensch guckt durch ein kleines Schlüsselloch auf eine große bis großartige Landschaft, zoomt mensch etwas raus, ist alles so klein, daß nichts mehr auf dem winzigen Display mit fettem, verschwenderischem Rand zu erkennen ist. Macht da der Birdseye-Service überhaupt Sinn? Ohne jegliche Abos kostete die Garmin-Schrippe etwa 280 Euro. Das Tablet hat ca. 120 Euro gekostet. Es läuft länger als ein Tag, das Garmin lief mit einem Satz guter, teurer AA Akkus maximal 5 Stunden. Oft habe ich gegen Ende meiner Touren die Karte ausgeschaltet, damit der Trackrecorder noch Strom bis zum Bahnhof hat und ich nicht die Akkus wechseln muß. Das ist das 21. Jahrhundert! LOL! Ich habe mit dem Kauf des Tablets viel zu lange gewartet, weil ich hoffte, daß es irgend wann eine Alternative zu Android in Gestalt eines echten LINUX geben wird. Projekte, die daran arbeiten, hinken der aktuellen Hardware leider arg hinterher. Besonders mau sieht es für Tablets aus. Es gibt aber schon Alternativen zum Wegschmeißen, die viele ältere Smartphone-Modelle weiter am Leben halten. Wer dazu auf dem Laufenden bleiben möchte, folgt im Fediverse 11) am besten @mobilelinux oder @tuxdevices. 12) Diese auf Android basierenden Betriebssysteme bauen übrigens das Konzept der Services nach, weil es die Leute so gewohnt sind. Es ist aber schon ein Fortschritt, nicht großen Kommerz-Firmen zu trauen, sondern Leuten, die Datenschutz und Souveränität des Benutzers tatsächlich Ernst nehmen.

@organicmaps können Sie übrigens auch im Fediverse 13) folgen.


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Anmerkungen:


1) Lenovo Tab M8 (4th Gen)

2) F-droid wird installiert, indem Sie mit dem Browser Ihres Mobilgerätes auf f-droid.org gehen und den Anweisungen zur Installation folgen. Danach finden Sie Organic Maps in der Kategorie Navigation.
PC-Link Organic Maps auf F-droid


3) PC-Link SatStat auf F-droid

4) PC-Link OpenTracks App auf F-droid

5) Die Farben, mit denen die Tracks aus importierten Dateien von Organic Maps angezeigt werden, scheinen per Zufallsprinzip gesetzt zu werden. Dadurch sind manche Tracks auf der Karte kaum zu erkennen. Wer Quelltext editieren kann (das heißt, die GPX-Datei mit einem reinen Texteditor öffnen/kein Office Programm!), fügt folgenden Code vor dem ersten <trkseg> Tag hinzu:
  <extensions>
<gpxx:TrackExtension>
<gpxx:DisplayColor>Blue</gpxx:DisplayColor>
</gpxx:TrackExtension>
</extensions>
In diesem Fall wird der Track blau angezeigt.


6) PC-Link AAT App auf F-droid

7) MADE TO MEASURE. Ein erschreckend lehrreiches Projekt. Allerdings wäre es lächerlich, wenn Suizidprävention als Rechtfertigung für totale Überwachung herhalten müßte. Wie wäre es mit einer solidarischeren Gesellschaft, die niemand ausgrenzt und mit besseren Beratungsangeboten?

8) OpenStreetMap Wiki zu Garmin

9) gpsjam.org

10) Ostsee: Rätselhafte GPS-Störungen behindern Schiffs- und Flugverkehr (NDR)

11) axbom.com/fediverse/, fediverse.party

12) @mobilelinux@venera.social, @tuxdevices@fosstodon.org

13) @organicmaps@fosstodon.org


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Erstellt: 15. Februar 2024 19:05
Geändert: 16. Februar 2024 13:44
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