Initiative Pro Netzneutralität

USNA - Die Vereinigten Staaten von Nord-Afrika

20. Februar 2011 21:08

Ich wäre zu feige, mich in Libyen oder Bahrain als Demonstrant tot schießen zu lassen, die Leute dort haben aber keine andere Wahl, nachdem sie den ersten Schritt getan haben, die Herrschaft unter der sie leben in Frage zu stellen. Noch krasser spitzt sich das im Iran zu, wo die Leute erneut auf die Straße gehen, obwohl viele von denen die beim letzten Aufstand dabei waren mittlerweile aufgehängt wurden.

So verhältnismäßig glatt wie in Tunesien und Ägypten wird es nicht überall abgehen. Aber auch dort gab es mit Sicherheit mehr Tote, als offiziell zugegeben wurden. Wer die Nachrichten auf twitter per hash tag Suche verfolgt, kann sich das leicht zusammen reimen.

Es sieht aber so aus, als ob Nord-Afrika gerade einen historischen Schritt tut. Wir haben diese Gesellschaften immer für ein wenig rückständig gehalten. Die hatten eben keine Französische Revolution, es haben sich noch keine säkularen Staatsformen herausgebildet usw. Die Geschichte dieser Länder kann man natürlich auch ganz anders erzählen. Man müßte von überwiegend Europäischer Fremdherrschaft erzählen, deren Überbleibsel jene herrschenden Oberschichten sind, gegen jetzt rebelliert wird und die bestens mit uns kooperiert haben, um das derzeitige Weltwirtschaftssystem zu stützen. Dies erklärt die abwartende und opportunistische Haltung der meisten Politiker der sogenannten westlichen Welt.

Wenn wir Glück haben, wird durch das was dort gerade passiert das aktuelle Weltwirtschaftssystem verändert, nicht nur weil von dort der Lebenssaft kommt, der im wahrsten Sinne des Wortes alles vergiftet. Als der Menschen phylogenetisch entstand, war das Öl in der Erde verborgen. Unser Körper ist nicht für den Kontakt mit petrochemischen Stoffen vorgesehen. Das ist ein weiterer Aspekt, warum wir mit unserer jetzigen Kultur und dem Weltwirtschaftssystem auf dem Holzweg sind.

Wenn die Demokratiebewegungen in Nordafrika Erfolg haben sollten, wird das US-Imperium und damit die menschenfeindliche Weltwirtschaft in ihrem weltweiten Einfluß empfindlich eingeschränkt. Das kommt meiner lang gehegten Hoffnung entgegen, daß es irgend wann zu einem vernünftigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen und zu einer gerechteren Weltordnung kommt.

Die neoliberale, nur am finanziellen Gewinn orientierte Weltökonomie, die man gerne als Globalisierung mit fortschrittlichen Anstrich verkauft, führt weltweit zu sozialer Not und macht sich auch bei uns in Gestalt von Hartz IV in einer abgemilderten Form bemerkbar. Ich finde es beschämend, wie wenig dieser Zusammenhang von den Betroffenen erkannt wird. Bei den Protesten in Nordafrika geht es um Forderungen, die auch wir stellen könnten. Es geht um Lebensperspektiven, die auch uns fehlen, obwohl wir in einem sogenannten reichen Land leben.

Mögen die Vereinigten Staaten von Nord-Afrika entstehen, auf daß man dort jene Werte Wirklichkeit werden läßt, bei deren Verwirklichung die USA immer mehr versagen: Gerechtigkeit, Sicherheit, Freiheit und Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit und das Recht der Regierung zu sagen, was sie zu tun hat (Petitionen).

Weltweit muß die Wirtschaft dafür da sein, allen Menschen und nicht nur ein paar wenigen, ein würdiges Leben zu ermöglichen. Auch darf dieser Planet nicht überfordert werden. Das jetzige Wirtschaftssystem ist dabei, die Lebensgrundlagen zu zerstören. Gewinn ist nur als Anreiz, etwas für alle Nützliches zu leisten und nicht als Selbstzweck legitim. Wer ein gutes Produkt auf den Markt schmeißt, soll sich dumm und dämlich verdienen. Wie man so ein System nennt, ist mir Scheiß egal.

Natürlich hilft es, daß solche Aufstände heutzutage nicht mehr unter Ausschluß der Öffentlichkeit, sondern in real time weltweit beobachtet stattfinden. Aljazeera, Bikya Masr, BBC, The Guardian, CNN, Democracy Now und den vielen privaten twitter accounts vor Ort sei Dank. Ob das Internet aber für Freiheit oder totale Überwachung steht, hängt davon ab, wie solche politischen Auseinandersetzungen ausgehen werden.

Mit der logischen Integrität unserer auf Effizienz ausgerichteten neoliberalen Ökonomie ist es nicht weit her: Die Gewinne sind erheblich, aber der zu ihrer Erzielung angerichtete Schaden ist weitaus höher. Man muß immer fragen, für wenn etwas effizient ist, wer von etwas profitiert oder die Kosten zu tragen hat.

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Erstellt: 20. Februar 2011 21:08
Geändert: 21. Februar 2011 06:53
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