Initiative Pro Netzneutralität

Genmanipulierte Nutzpflanzen führen zu Genozid und Ökozid - Laßt sie nicht in die EU!

26. Februar 2014 20:42

Autorin: Helena Paul für The Ecologist, 05.02.2014
Übersetzung: BrunO


Die immer größer werdende menschliche und ökologische Katastrophe der gentechnologischen Landwirtschaft auf dem amerikanischen Kontinent müßte für die EU eine deutliche Botschaft sein, schreibt Helena Paul. Wir wollen sie hier nicht haben und wir sollten aufhören, Produkte des gentechnologischen Genozids und Ökozids in fernen Ländern zu kaufen.



Momentan erleben wir eine verzweifelte, nahezu absurde Kampagne, genveränderte Nutzpflanzen im Großbritannien und Europa einzuführen, die sich durch übertriebene und unzutreffende Behauptungen auszeichnet.

Lassen sie uns deshalb, anstatt diese Behauptungen zu glauben, einen Blick auf die Auswirkungen genveränderter Nutzpflanzen in Ländern werfen, welche diese eingeführt haben. Das sind Nord- und Südamerika, wo genveränderte Nutzpflanzen 1996 zum ersten Mal zum Einsatz kamen.

Argentinien und Paraguay

Der Anbau herbizidtoleranter Nutzpflanzen in Argentinien begann 1996 mit Gen-Soja und breitete sich schnell im ganzen Land aus. Die argentinische [Bürgerinitiative] Grupo Reflexion Rural (GRR) schrieb im April 2013 an den Vatikan:

"Dem Modell lag die politische Entscheidung zugrunde, daß Argentinien, die einstige Getreidekammer der Welt und Produzent gesunder, hochwertigen Lebensmittel, in einen Hersteller von Tierfutter umgewandelt wird, zuerst, um Futter für die europäische Tierhaltung zu liefern und später für die Tierhaltung in China."

Am Anfang sah es so aus, als ob die herbizidtoleranten Pflanzen den Anbauprozeß vereinfachen würden, insbesondere für größere mechanisierte Betriebe. Anstelle fachmännischer Unkrautbekämpfung setzten die Landwirte große Mengen des Herbizids Glyphosat ein, hauptsächlich mittels Flugzeug.

Kleinbauern in die Slums getrieben

Mächtige Investorengruppen haben geholfen, die Gen-Soja Produktion voranzutreiben. Kleine Bauern konnten nicht mithalten und viele haben sich zurück gezogen oder wurden von ihren Land vertrieben, oft in die Slums der Städte.

Menschen die auf dem Land und in kleinen Ortschaften bleiben, sind einem Bombardement mit immer komplexeren Chemikalienmischungen aus der Luft ausgesetzt, welche das Problem der zunehmenden Resistenz von Unkräutern und Schädlingen bekämpfen sollen.

Obwohl Gentechnikpflanzen als Methode beworben wurden, die Menge der eingesetzten Pestizide zu verringern, ist der Pestizideinsatz in Argentinien massiv angestiegen, "von neun Millionen Gallons (34 Millionen Liter) im Jahre 1990 auf heute über 84 Millionen Gallons (317 Millionen Liter)".

Totgeburten und Mißbildungen

2010, nach Jahren zunehmender Schäden und Proteste, organisierte die Fakultät für Medizinwissenschaften der staatlichen Universität von Córdoba eine erste Konferenz für Ärzte, die in Ortschaften in verschiedenen argentinischen Provinzen arbeiten, welche mit Pflanzenschutzmitteln besprüht werden.

"Die Ärzte wiesen darauf hin, daß sie die selben Bevölkerungsgruppen im Durchschnitt seit mehr als 25 Jahren versorgt haben, doch was sie in den letzten Jahren beobachten, war sehr ungewöhnlich und hing ausschließlich mit dem systematischen Versprühen von Pestiziden zusammen."

"Zum Beispiel Dr. Rodolfo Páramo, ein Kinderarzt und Neonatologe am städtischen Krankenhaus von Malabrigo, eine Stadt im Norden von Santa Fe, wies darauf hin, wie beunruhigt er war, als er 2006 zwölf Fälle von Mißbildungen pro 200 jährlichen Geburten feststellte."

"Diese Situation entspricht jener mit vier Fällen von Totgeburten aufgrund von Mißbildungen im kleinen Ort Rosario del Tala in Entre Ríos. In beiden Gebieten werden massiv Pestizide versprüht."

Die Evidenz wächst

Seit jener Konferenz gab es immer mehr Berichte über Erkrankungen, die von Agrarchemikalien verursacht wurden, genau so wie sich das Versagen herausstellte, für das Versprühen Vorschriften zu erlassen oder die Menschen über die Gefahren zu informieren.

In der Zwischenzeit breiten sich genmanipulierte Nutzpflanzen in Argentinien immer weiter aus, die Anbaufläche beträgt ungefähr 24 Millionen Hektar, etwa zwei Drittel des gesamten zur Verfügung stehenden landwirtschaftlich nutzbaren Landes*. In Paraguay gab es ähnlich verheerende Folgen, lediglich etwas später als in Argentinien.
*Quelle: Laut Angabe von International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications (ISAAA). Indirekt wird dies statistisch mit aktuell (07.02.2014) angebauten 20.350.000 Hektar Soja bestätigt.

Repression und oft gewaltsame Vertreibung der verbliebenen ländlichen Bevölkerung, Krankheiten, das Versagen der lokalen Lebensmittelproduktion gehörten ebenso zu diesem Bild.

Indigene Gemeinschaften wurden vertrieben und darauf reduziert, auf den Müllhalden der Hauptstadt zu leben. Dies ist ein Verbrechen, das wir mit Recht Genozid nennen können - die Ausrottung gesamter Völker, ihrer Kultur, ihrer Lebensweise und ihrer Umwelt.

Verlust von Wäldern in Argentinien und Paraguay

Allen seit 2004 hat Paraguay fast eine Million Hektar und Argentinien fast zwei Millionen Hektar Wald verloren, wofür Gen-Soja die Hauptursache sein dürfte.

Zu den Folgen gehören der Verlust an biologischer Vielfalt, wozu viele Arten gehören,die es anderswo nicht gibt, die Vertreibung indigener Völker, von denen manche noch unkontaktiert waren, sowie Auswirkungen auf Böden und Gewässer, regionaler und lokaler Klimawandel und Veränderungen bei den Niederschlägen.

Dies bedeutet kurzsichtige Zerstörung für kurzfristige Gewinne. Das ist kriminell - Ökozid und Genozid in Einem.

Brasilien - der weltgrößte Verbraucher von Agrarchemikalien

Brasilien, Uruguay und Bolivien haben ebenfalls unter der Verbreitung von Gen-Soja gelitten. Leonardo Melgarejo, ein brasilianischer Agronom, der das Ministerium für landwirtschaftliche Entwicklung im Regulierungsorgan des Landes vertritt sagt, daß genmanipulierte Nutzpflanzen das soziale Gefüge schwächen, welches unverzichtbar ist, wenn es Menschen in ländlichen Gebieten gut gehen soll.

Weiter weist er darauf hin, daß Brasilien das Land in welchen genmanipulierte Nutzpflanzen auf 36 Millionen Hektar angebaut werden, zum weltweit größten Verbraucher von Agrarchemikalien geworden ist. [Google-Übersetzung Englisch, Deutsch]

Dies führt zum Teufelskreis der Unkrautresistenz, welche den Einsatz von noch mehr und noch toxischeren Herbiziden erfordert. In Reaktion darauf erwägt Brasilien nun die Einführung einer gentechnisch veränderten Nutzpflanze, die 2,4-D (s.u.) toleriert.

Die Vereinigten Staaten - ein weiteres Beispiel der selben Geschichte

Hier wurden 'RoundUp Ready' Pflanzen - die gegenüber Monsantos proprietärem auf Glyphosat basierendem Herbizid resistent sind - schnell angenommen, da sie Bauern ein "einfaches, flexibles und nachsichtiges Unkrautbehandlungssystem" bieten, wie Charles Benbrook in 'Auswirkungen gentechnisch veränderter Nutzpflanzen auf den Pestizidverbrauch in den USA - die ersten sechzehn Jahre' berichtet.

Als Ergebnis erhöhte sich der Herbizideinsatz in den USA zwischen 1996 und 2011 um geschätzte 239 Millionen Kilogramm, "wobei HR [herbizidresistente] Sojabohnen für 70% der Gesamtzunahme von drei HR-Nutzpflanzen verantwortlich waren". Das sind Soja, Mais und Raps/Canola. "Die wachsende Abhängigkeit von Glyphosat verursachte den größten Zuwachs."

Mit der Zeit gab es Berichte über das Auftreten mehrerer unterschiedlicher Ausprägungen von Unkräutern, die gegenüber Glyphosat resistent sind, jedes Jahr mehr, so daß heute etwa 20 bis 25 Millionen Hektar betroffen sein könnten.

Die Antwort darauf war, ältere und giftigere Herbizide wie 2,4-D in Agrargift-Tankmischungen einzusetzen und neue 'agglomerierte' Gen-Saaten mit Mehrfach-Resistenzen gegenüber Herbiziden zu entwickeln.

Die Ankündigung 2,4-D resistenter Nutzpflanzen, 'agglomerierte' Nutzpflanzen und mehr

Allgemein als '2,4-D' bekannt, wurde 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure während des zweiten Weltkrieges bei Forschungen nach Substanzen für biologische Waffen zur Zerstörung von Ackerpflanzen entdeckt und erstmalig 1944 durch Dow Chemical vermarktet.

Es kam in Vietnam als Bestandteil des Entlaubungsmittels Agent Orange im großen Umfang zum Einsatz. Nun möchte Dow Agrosciences genetisch veränderte gegen 2,4-D restistente Sojabohnen und Mais in Brasilien, Argentinien und den USA in Umlauf bringen.

Die von Dow angekündigten Pflanzen sind mit zusätzlichen genetischen Merkmalen versehen, um andere Herbizide zu tolerieren, einschließlich Glufosinat und Glyphosat.

Vielleicht überrascht dies wenig, wenn man bedenkt, daß es in den USA längst Unkräuter gibt, die gegenüber 2,4-D resistent sind.

Anwachsen der Herbizidmengen

Monsanto produziert ebenfalls gentechnisch verändertes Saatgut mit agglomerierten genetischen Merkmalen, insbesondere die Tolerierung der Herbizide Dicamba und Glufosinat.

Es wird geschätzt, daß die Einführung der 2,4-D Produkte die Menge der versprühten Herbizide möglicherweise um bis zu 50% erhöhen könnte und 2,4-D hat negativen Auswirkungen auf Nutzpflanzen, Ökosysteme, Tiere und Menschen.

Das Gleiche gilt für Dicamba. Beide werden außerdem im Zusammenhang mit immer häufiger auftretenden Fällen von Pestizid-Verwehungen und Zerstörung von Ernten benachbarter Bauern erwähnt.

Warum sollte es Europas Wunsch sein, die gleichen Erfahrungen zu machen?

Angesichts dieser wachsenden Evidenz großer Schäden war Europa klug genug, dem Druck zu widerstehen, gentechnisch veränderte Nutzpflanzen einzuführen, mit Ausnahme von Gen-Mais, der hauptsächlich in Spanien angebaut wird.

Weshalb sollte Europa in Anbetracht der Evidenz aus Ländern die mit diesen Nutzpflanzen und den den damit vebundenen Agrargift-Cocktails Erfahrungen gemacht haben gezwungen sein, den Anbau einer weiteren gentechnisch veränderten Nutzpflanze zu erwägen?

Doch Europa sollte noch einen Schritt weiter gehen. Der Soja-Boom wird vom Handel mit Tierfutter, in Form von Sojamehl oder Preßkuchen und von Biodiesel aus Sojaöl angetrieben. Europa importiert von beidem große Mengen und wird dadurch zum Hauptverursacher der sich ausweitenden Gentechnik-Katastrophe in Südamerika.

Europa sollte unbedingt aufhören, gentechnisch veränderte Futtermittel und Öle aus Nord- und Südamerika einzuführen.

Europa: Für eine ertrag- und sortenreiche, GMO-freie Landwirtschaft

In der Tat sollte Europa sein gesamtes Konzept der Tierhaltung und Agrarproduktion ändern, um auf Gesundheitsfolgen, Verlust an Biodiversität und Klimawandel zu reagieren.

Weit entfernt davon, ein "Welt-Ackerbau-Museum" zu sein, wie der aktuelle britische Umweltminister Owen Paterson gerne behauptet, könnte Europa den Weg zu einer ertrag- und sortenreichen, GMO-freien Landwirtschaft aufzeigen, die nahrhafte, gesunde Nahrung und Arbeitsplätze bietet.

Damit wäre zugleich etwas gegen die substantielle Verschlechterung der Böden und den zunehmenden Verlust an Biodiversität getan, was größtenteils vom industriellen Landwirtschaftsmodell verursacht wurde, zu welchem gentechnisch veränderte Nutzpflanzen gehören.




Helena Paul hat sich 25 Jahre lang mit Themen beschäftigt wie, die Rechte indigener Völker und Regenwälder, Ölgewinnung in den Tropen, Biodiversität einschließlich agrarwirtschaftlicher Biodiversität, Patente auf Leben und Gentechnologie, und Konzernmacht. Sie unterstützte und war Mitbegründerin von GM Freeze und Genetic Engineering Network und hat seitdem den Vorsitz von GM Freeze inne.

Sie war Mitautorin zahlreicher Schriften über Landwirtschaft, Klimawandel und Biodiversität und des Buches Hungry Corporations: Transnational Biotech Companies Colonise the Food Chain (Hungrige Konzerne: Transnationale Biotechnik-Firmen kolonisieren die Nahrungsversorgung), Helena Paul und Ricarda Steinbrecher, Zed Books 2003.

Dieser Artikel ist die Kurzfassung eines Essays für einen Essayband: The Chains of War - nuclear weapons, militarisation and their impact on society (Die Fesseln des Krieges - Atomwaffen, Militarisierung und deren Folgen für die Gesellschaft), das von Angie Zelter herausgegeben wird und voraussichtlich Frühjahr 2014 bei Luath erscheint.


Das Copyright des Original-Artikels "GM crops are driving genocide and ecocide - keep them out of the EU!" und die Rechte für diese Übersetzung liegen bei der Autorin Helena Paul. Ich danke für die Erlaubnis, diesen Artikel übersetzen und veröffentlichen zu dürfen. Für diese Übersetzung gilt das Lizenzmodell dieses Blogs ausdrücklich nicht.

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Erstellt: 26. Februar 2014 20:42
Geändert: 26. Februar 2014 20:42
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