Initiative Pro Netzneutralität

ZDF bricht Online-Umfrage still und heimlich ab

6. Juli 2009 22:23

Ich habe diese Umfrage zu den Sperren im Internet zugegebenermaßen verpennt, da ich noch zu sehr mit der Technik meines Blogs befaßt war.

Ein ZDF-Redakteur hat inzwischen bestätigt, daß die Umfrage abgebrochen wurde, weil der Verdacht der Manipulation bestand. Auf ‘Text & Blog’ kann man den Vorgang nachlesen. Eine Umfrage unter solchen Umständen abzubrechen, wäre an sich legitim. Seltsam ist es nur, wenn dies heimlich geschieht, wenn die Umfrage spurlos aus dem Web genommen wird, so als ob es sie nie gegeben hätte. Das verleitet zu Spekulationen und zeugt nicht von demokratischer Transparenz.

Ich dachte immer, Journalisten sind geil auf außergewöhnliche Neuigkeiten. Eine nachgewiesen zugunsten der Gegner von Netzsperren manipulierte Umfrage wäre doch das Fressen gewesen. Die bis dahin zustande gekommenen Zahlen sahen ungefähr wie die Gegenumfrage von MOGIS vom Mai aus.

War das Thema Websperren womöglich ZDF-intern nicht so gerne gesehen? Manche haben bestimmt kein Interesse daran, das Thema aus der Nische der politisch bewußten Internet-User in die gesamte Gesellschaft zu tragen. Immerhin sollen nach einer Studie von ZDF und ARD aktuell 67 Prozent der Deutschen online sein. Diesen Personenkreis wird man gerne als Markt nutzen, das Breitband-Angebot soll ja dauernd ausgebaut werden. Ob eine Politisierung von so vielen Menschen auch erwünscht ist?

Angenommen, jemand zieht eine wirklich faire, methodisch saubere Umfrage zu Websperren durch – würden das Familienministerium und das BKA klein bei geben, wenn das Ergebnis entsprechend ausfiele? Argumente lassen sich immer finden. Man könnte darauf hinweisen, daß die Todesstrafe in einer Umfrage u.U. auch Zustimmung finden würde. Das wäre nicht schlimmer, als die Webcommunity mit Kinderschändern gleichzusetzen.

Ich hoffe auf das Bundesverfassungsgericht und darauf, daß irgendwann die praktische Vernunft siegt. Kinderpornographie ist diesen Affenzirkus gar nicht wert. Die Polizei sollte auf der Grundlage bestehender Gesetze ihre Arbeit tun und Kindesmißbrauch jeglicher Art verfolgen. Ich kann es mir nicht verkneifen, daß Deutschland zu Autos weitaus freundlicher als zu Kindern ist.

Vorhin dachte ich mir sogar, was derart einfach wie diese Websperren umgangen werden kann, ist keine Zensur. Klassische Zensur wäre, wenn jede Webseite vor der Freischaltung geprüft und nach Gutdünken der Bundesregierung genehmigt oder abgelehnt würde. Oder wenn sie das gesamte Web für Deutschland nach bewährt chinesischem Vorbild über einen Proxi vorfiltern lassen würde. Das ist technisch leichter machbar als viele wahrhaben wollen. Dann dürfen wir alle mit langsamen Zwiebel-Browsern surfen.

Wie soll man aber jene nun etwas abgeschwächte Intention nennen, eine Kategorie verbotener Webseiten einzuführen und jeden zu verdächtigen, der zufällig oder willentlich so eine Seite aufruft? Das paßt doch irgendwie zu Kindergarten und Familienministerium. Windeln voll?

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Erstellt: 6. Juli 2009 22:23
Geändert: 6. Juli 2009 22:28
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