Initiative Pro Netzneutralität

Klimaerwärmung grafisch veranschaulicht

3. September 2016 14:07


In einem Blogpost veröffentlichte der Klimaforscher Ed Hawkins am 24.08.2016 die obige (anklickbare) Grafik. Er ist am NCAS (National Centre for Atmospheric Science) der University of Leeds (UK) tätig.

Diese Darstellung mittels Small Multiples zur Datenvisualisierung basiert auf relativen Temperaturabweichungen, nicht auf absoluten Temperaturen. Die Zweitspanne zwischen 1961 bis 1990 dient als Referenz. Die Daten reichen wie zu sehen ist von 1850 bis 2016. Jede Einzelgrafik stellt einen miniaturisierten Wärmeatlas dar. Blau symbolisiert Temperaturabweichungen nach unten, Rot nach oben. Liegen für eine Region weniger als 6 Monate mit Daten vor, die von der Referenz abweichen, ist sie grau dargestellt.

Die Gesamt-Tendenz der Klimaerwärmung ist auf einem Blick zu sehen. Ein genauerer Blick zeigt eine Klimakurve mit Unter- und Überschwingern, wie man sie aus der Regelungstechnik kennt. Von 1880 bis 1910 kühlte es offenbar ab, obwohl in dieser Phase auch Regionen mit zunehmender Erwärmung zu erkennen sind. Eine relative Abkühlung ist auch zwischen 1950 und 1970 angedeutet.

Das Klima kämpft um ausgeglichene Temperaturen, aber der törichte Mensch in Gestalt rücksichtsloser Absahner ist stärker. Und es ist natürlich genau so unsere Bequemlichkeit dies zuzulassen, anstatt umweltfreundlichere Technologien zu fordern und notfalls etwas mehr Geld für sie auszugeben oder auf das ein oder andere zu verzichten. Auf Dauer werden wir den Kürzeren ziehen und unsere Lebensgrundlagen zerstören. Ich gebe der Menschheit keine weiteren 1000 Jahre. Warum sollte sich die Religion der Gier in unserer Ökonomie plötzlich ändern? Warum soll das auf der UN-Klimakonferenz vereinbarte Ziel erreicht werden, die globale Erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter deutlich unter zwei Grad Celsius zu halten?

Link zur Datenquelle und Originalauflösung der Grafik sind im Originalpost zu finden, welcher unter CC BY-SA veröffentlicht wurde.

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Erstellt: 3. September 2016 14:07
Geändert: 14. Oktober 2020 21:08
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Unzulässige Richtervorlage zur Verfassungswidrigkeit von Arbeitslosengeld II Sanktionen

3. Juni 2016 10:53


© Foto: yoni sheffer CC: BY-NC-ND via flickr 

Am 26. Mai 2015 beschloß das Sozialgericht Gotha, das Klageverfahren eines Betroffenen auszusetzen, um dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob die Sanktionsregelung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, Art. 12 Abs.1 GG sowie mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar ist. Es ging von der Verfassungswidrigkeit der Hartz IV Sanktionen aus.

Am 02.06.2016 hat das Bundesverfassungsgericht eine Presseerklärung zu seiner Entscheidung vom 06.05.2016 veröffentlicht. Es lehnt die Richtervorlage aus Gotha als unzulässig ab.

Kernsatz ist für mich: "Es fehlt (jedoch) an einer hinreichenden Begründung, warum die Verfassungswidrigkeit der §§ 31 ff. SGB II im Ausgangsverfahren entscheidungserheblich sein soll."

Im Klartext heißt das, ob Hartz IV Sanktionen verfassungswidrig sind, interessiert in dem ausgesetzten Verfahren nicht. Vielmehr müsse geklärt werden, ob die Sanktionsbescheide gegen den Kläger formal korrekt waren.

Dafür kann man das Verfassungsgericht nicht rügen. Es prüft eben nicht automatisch die vorgelegte Frage, sondern welcher Entscheidungsbedarf in dem zugrunde liegenden Verfahren besteht und ob diese Entscheidung nicht vom vorlegenden Gericht selber getroffen werden kann. Dem Kläger wäre gegebenenfalls mit einer Aufhebung der Sanktionen geholfen gewesen. Was wäre aber, wenn das Sozialgericht Gotha die Sanktionen zwar für nach geltendem Recht korrekt erteilt, die Sanktionspraxis aber trotzdem für verfassungswidrig befunden hätte? War die Richtervorlage einfach nur ungeschickt formuliert oder zu früh vorgelegt?

Ich möchte keinem der beiden Gerichte die Verantwortung für den Mißerfolg zuschreiben. Dieser Vorgang zeigt leider, wie schlecht unser System funktioniert und daß ohne ausreichend öffentlichen Druck nichts von selber besser wird. Viel schlimmer finde ich, daß diese Entscheidung, nicht über die Verfassungsmäßigkeit von Sanktionen zu entscheiden, bei Betroffenen oder Interessenvertretern so gut wie keine unmittelbaren Reaktionen ausgelöst hat.

Liegt es daran, daß noch weitere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zu der Frage anstehen, ob die Jobcenter bis zum Entzug der Existenzgrundlage sanktionieren dürfen? Oder haben die meisten längst ihre Hoffnungen aufgegeben und erwarten von unserem höchsten Gericht nichts mehr? So wie manche nichts mehr von Wahlen, Parteien oder Demokratie an sich halten? War ich der Einzige, der auf diese Entscheidung gewartet und Hoffnungen mit ihr verbunden hat?

Welcher Druck würde von uns allen fallen, wenn wir endlich Schwarz auf Weiß hätten, daß Hartz IV Sanktionen grundgesetzwidrig sind. Dies würde auch die Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen voran bringen, damit wir endlich mal ein soziales Problem lösen und uns als Gesellschaft ein Stück weiter entwickeln.

Stattdessen scheint die Entwicklung zu einer sozialeren Gesellschaft eher zu stagnieren. Das Tempo kann sich sogar noch verlangsamen oder Entwicklungen können rückwärts gehen. Je nach dem, ob in Zukunft mutige oder nur systemkonforme Menschen für das Amt als Verfassungsrichter berufen werden oder ob rechte, rückwärtsgewandte, menschenverachtende Einstellungen noch mehrheitsfähiger werden, als sie beschämenderweise schon sind.

Ich könnte nun schreiben, wie masochistisch man sein muß, oder wie frustrierend es für einigermaßen gut informierte Menschen ist zu wissen, daß wir mit unserer Kreativität außer der Halbwertszeit von Plutonium fast alle Probleme lösen könnten und daß alle Menschen auf diesem Planeten ein naturgegebenes Recht auf ein gutes Leben haben, sofern die Regeln unseres Zusammenlebens auf Chancengleichheit und Partizipation beruhen sollen. Doch was ändert das bloße Jammern?

Genau so gut könnte ich mir den Text der Entscheidung des hohen Gerichtes ansehen und eine Analyse schreiben. Bin mir nicht sicher, ob ich dabei mehr zustande brächte, als es andere hoffentlich noch tun werden. Ich weiß auch nicht, ob es hier jemand liest, so selten wie ich mich zu Wort melde.

Warten wir also ab, wie die noch ausstehenden Entscheidungen ausfallen werden und hören wir nicht auf, unsere Utopien von einer gerechteren Welt zu verbreiten. Je größer der Kontrast, desto besser ist etwas zu sehen.


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Erstellt: 3. Juni 2016 10:53
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Experten fordern US-Behörden auf, das weltweit am häufigsten eingesetzte Herbizid neu zu bewerten

19. Februar 2016 23:13

Autor: Brian Bienkowski für Environmental Health News, 17.02.2016
Übersetzung: BrunO




© Foto: Oregon Department of Agriculture CC: BY-NC-ND via flickr 
Historische Aufnahme, Pendelton, undatiert. Getreideanbau, Sprayen von Agro-Chemikalien.


Ein am Dienstag (16.02.2016) veröffentlichtes wissenschaftliches Gutachten warnt, daß der Einsatz von Glyphosat extrem zugenommen habe und in den 20 Jahren seit der Einführung von gentechnisch manipulierten Nutzpflanzen ("Roundup Ready"/für Roundup vorbereitet) auf das Fünfzehnfache angestiegen ist. Die Gesundheitsbehörden der Regierung haben nach ihrer Ansicht versagt genau zu überwachen, wieviel des Herbizids in die Nahrung und die Körper der Menschen gelangt und welche Folgen das für unsere Gesundheit haben könnte.

"Es ist an der Zeit, Wissenschaft und Regulierungsbehörden der Welt aufzufordern, einen neuen, umfassenden Blick auf Glyphosat zu werfen, da jeder auf diesem Planeten damit belastet ist oder belastet werden wird", sagt Senior-Autor Charles Benbrook, ein Agro-Ökonom und Berater der Benbrook Consulting Services.

Wie aus dem Gutachten hervorgeht, nahm der Einsatz von Glyphosat als Bestandteil von Herbiziden seit seiner ersten Verwendung in den 70er Jahren exponentiell zu. Die im Journal "Environmental Health" veröffentlichte Studie wurde von 14 überwiegend universitären Gesundheitsforschern verfaßt. Pete Myers, Gründer und Chefwissenschaftler von Environmental Health Sciences und Herausgeber von EHN.org, war der Hauptautor des Berichtes.

Glyphosat, als Roundup am allerbesten bekannt, jedoch unter einer Vielzahl an Markennamen auf dem Markt, ist die am meisten verwendete landwirtschaftliche Chemikalie der Weltgeschichte. Weltweit wurden seit 1974 grob 9,4 Millionen Tonnen der Chemikalie auf Felder gesprüht. Fast 75 Prozent dieses Einsatzes fand nach einem anderen Bericht, den Benbrook bereits in diesem Monat (Februar 2016) veröffentlicht hat, in den letzten 10 Jahren statt.

Diese Zunahme bedeutet nach Aussage der Wissenschaftler, die sich mit diesen Daten befaßten, daß die Benchmarks und Grenzwerte der Regierung dem tatsächlichen Belastungsrisiko hinterher hinken. Das gilt gleichermaßen für die Öffentlichkeit wie die Umwelt.

Bundesgesundheitsbehörden wie das U.S. National Toxicology Program, die U.S. Centers for Disease Control and Prevention (CDC) und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sind, wie es im Bericht heißt, nicht auf dem neusten Stand.

"Seit den späten 80ern wurden nur ein paar wenige Studien an die US-Umweltbehörde (EPA/Environmental Protection Agency) übermittelt, die zur Identifikation und statistischen Erfassung von Gesundheitsrisiken für den Menschen relevant waren", so schrieben die Autoren und ergänzten, daß solche Bewertungen gemäß dem "aktuellen wissenschaftlichen Stand" erfolgen sollten.

Die Wirkung von Glyphosat, Hauptbestandteil vieler Unkrautvernichtungsmittel, beruht überwiegend auf der Hemmung eines Enzyms, das in Säugetieren nicht vorkommt, deshalb wurde ursprünglich angenommen, die Chemikalie wäre für Menschen und andere Wirbeltiere mit einem geringen Risiko verbunden.

Trotzdem gab es zunehmend Belege, daß eine Belastung mit Glyphosat alles andere als harmlos sein könnte. Das US-Landwirtschaftsministerium fand 2011 in 90% von 300 Proben Glyphosat in Sojabohnen, die britische Food Standard Agency stellte es 2012 in 27 von 109 Brot-Proben fest.

Glyphosat wurde mit Leber- und Nierenproblemen als auch Geburtsfehlern in Verbindung gebracht und es stellt eine Gefahr für die störungsfreie Funktion von Hormonen dar. Seit ein paar Jahren hegen Forscher zunehmend den Verdacht, es könnte zumindest teilweise etwas mit der weitverbreiteten Epidemie von Nierenerkrankungen in Sri Lanka und Teilen von Indien als auch Zentralamerika zu tun haben.

Im März des letzten Jahres hat die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheits-Organisation (WHO) den Status von Glyphosat von einem "möglichen" Krebserreger zu einem "wahrscheinlichen" geändert.

Eine der Hauptunzulänglichkeiten die im Bericht festgestellt werden ist, daß nicht auf endokrine Disruption getestet wird, sagte Frederick vom Saal, Biologe an der University of Missouri und Co-Autor der Arbeit. Es gibt eine zunehmende Evidenz, daß Glyphosat menschliche Hormone beeinträchtigen kann, was zahlreiche spätere Gesundheitsfolgen nach sich ziehen kann.

Die Standardtests der Behörden bestehen überwiegend darin, Labortiere hohen Dosen einer Chemikalie auszusetzen und anschließend nach auffälligen Folgen zu suchen, wie etwa Gewichtsveränderungen von Organen oder andere Fehlfunktionen, sagte vom Saal. "Es wird sehr wenig unternommen, Entwicklungsprobleme zu untersuchen."

Die in den 70er Jahren zur Zulassung von Glyphosat durchgeführten Studien waren "sehr bescheiden", sagte Benbrook. "Dosen in sehr hohen Bereichen sind problematisch, da die Forschung zu Entwicklungsproblemen in Zusammenhang mit endokriner Disruption wiederholt gezeigt hat, daß Chemikalien bei sehr viel niedrigeren Werten sehr subtile Wirkungen haben können", sagt er.

Die US-Umweltschutzbehörde (EPA) stellte in Juni 2015 in einem Bericht (PDF-Link) fest, daß es für Glyphosat als endokriner Disruptor "keine überzeugende Evidenz" gäbe.

EPA-Sprecher Robert Daguillard sagte, die Behörde wird den neuen Bericht prüfen und wies weiter darauf hin, daß sie gerade dabei wären, erste Risikoabschätzung zu Gesundheit und Umwelt abzuschließen, welche voraussichtlich 2016 zur öffentlichen Anhörung publiziert werden.

Die Gesundheitsbedenken stehen mit zunehmendem Gebrauch und allgegenwärtiger Exposition in direktem Zusammenhang. Während der letzten zehn Jahre war Glyphosat stets Teil der Debatte um genetisch veränderte Nahrungsmittel, da das meiste Saatgut von Firmen wie Monsanto, Hersteller des populärsten Glyphosat-Herbizids, genetisch dahingehend verändert ist, das Herbizid zu tolerieren.

Wenn Nutzpflanzen wie Mais und Sojabohnen über eine derartige Immunität verfügen, können Bauern ihre Felder komplett besprühen. Dies hat einen Teufelskreis in Gang gesetzt, in welchem Unkrautpflanzen zunehmend gegen die Herbizide resistent werden, was immer mehr Sprühen erforderlich macht.

"Das geographische Ausmaß und die Heftigkeit der Herausforderungen, mit denen die Unkrautkontrolle weltweit durch das Aufkommens und die Verbreitung von Glyphosat-resistentem Unkraut konfrontiert wird, ist etwas noch nie Dagewesenes", schrieben die Autoren.

Glyphosat-Herbizide haben sich als kontrovers erwiesen und sind erst kürzlich unter Druck geraden. Letzte Woche haben 35 Demokraten im Repräsentantenhaus einen Brief (PDF-Link) an die EPA geschrieben und die Behörde gedrängt, in Anbetracht der Krebs-Bewertung der WHO eine neue Risikoeinschätzung des Glyphosat-Herbizids Enlist Duo von Dow Chemical Co. durchzuführen.

"Die EPA hat Enlist Duo zugelassen, ohne diese Krebs-Bewertung zu berücksichtigen und ohne eine einzige der Studien zum Krebsrisiko durch Glyphosat zur Kenntnis zu nehmen, die in den letzten zwanzig Jahren veröffentlicht worden sind", schrieben die Abgeordneten unter Führung der Repräsentanten Earl Blumenauer und Peter DeFazio.

Dow Chemical Co. hat auf eine Bitte um Stellungnahme zur aktuellen Studie nicht geantwortet. Die Monsanto-Sprecherin Charla Marie Lord antwortete per Email, daß die Bedenken der Studie nicht mit dem übereinstimmen, was Regulierungsbehörden festgestellt hätten.

"Keine Regulierungsbehörde auf der Welt hält Glyphosat für ein Karzinogen", meinte sie. "Regulierungsbehörden hatten keinerlei Bedenken bezüglich Gesundheit gehabt, welche solche Untersuchungen notwendig machen würden, wie sie die Autoren dieser Arbeit vorschlagen."

Der Konzern erhob Januar 2016 eine Klage gegen das kalifornische Amt zur Abschätzung von umweltbedingten Gesundheitsgefahren (Office of Environmental Health Hazard Assessment), deren Zweck darin besteht zu verhindern, daß Glyphosat in die staatliche Liste bekannter Karzinogene aufgenommen wird.

Niemand weiß, welche Wirkung ein Statement einer Gruppe von Wissenschaftlern auf die Bundespolitik haben kann. Doch vom Saal sagte, selbst wenn die EPA ihre Testmethoden nicht verändert, könnte dieses progressivere Staaten wie Kalifornien zum Handeln anregen.

Benbrook sagte, ein zeitgemäßer, von unabhängigen Wissenschaftlern durchgeführter Test ist längst überfällig.

"Schön wäre, wenn sie nichts fänden und wir wie gehabt weitermachen könnten", sagte Benbrook. "Doch selbst wenn es nur eine geringe Wahrscheinlichkeit gesundheitlicher Auswirkungen gibt und es jeden Menschen auf diesem Planeten betrifft, sollte uns das zur Vorsicht veranlassen."



Der Originaltext "Experts call on feds to re-evaluate the world’s most heavily used herbicide" wurde unter CC: BY-SA veröffentlicht. Für diese Übersetzung gilt das Lizenzmodell dieses Blogs CC: BY-NC-SA.



Twitter-Links:
Der Autor: @BrianBienkowski
EHN: @EnvirHealthNews
Peter Myers: @petemyers
Charles Benbrook: @chuckbenbrook


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Erstellt: 19. Februar 2016 23:13
Geändert: 22. Februar 2016 17:53
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Verspäteter Nachruf: Wo ist Norbert Felzl?

9. Januar 2016 20:21


Anfang Oktober 2015 wollte ich jemandem seine Webseite zeigen: Server nicht gefunden! Ich dachte mir nichts. Auch nicht, als seine Seiten ein paar Stunden später immer noch weg waren. Sowas kommt vor. Als die Seiten nach ein paar Tagen weiterhin nicht aufrufbar waren, überlegte ich bereits, ob dies Ungutes bedeuten könnte. Drei Wochen später schrieb ich eine Mail an Norbert Felzl. Ich antwortete auf seine letzte. Deren Datum hatte ich übersehen oder ich hatte mich daran gewöhnt, daß wir uns nur noch gelegentlich schrieben. Norberts letzte Mail an mich war vom 17.06.2012. Ich bekam eine Fehlermeldung: Remote host said: 550 5.1.1 Invalid recipient... Am nächsten Tag schrieb ich an die zu seiner Webseite gehörende Mailadresse. Dieses Mal hatte ich eine Fehlermeldung erwartet, denn seine Webseite war ja nicht erreichbar. Das blieb auch so und hat sich bis heute nicht geändert.

Ich konnte mir absolut nicht vorstellen, daß Norbert seine Seiten wortlos aus dem Web nimmt. Dazu hat er zu viel Herzblut für sie aufgewendet. Er hat sehr oft neue Fotos eingestellt. Es lohnte sich immer wieder vorbeizuschauen. Leider hat er aber nicht archiviert, sondern nahm ältere Fotos einfach raus.

Nun suchte ich im Netz nach Hinweisen auf Norbert Felzl, fand aber nur die von ihm angelegten Profile auf Kunstportalen und seine Kommentare in Fotoforen. Ich fragte andere Leute die ihn auch kannten, doch niemand wußte, was mit Felzl los ist. Längst ging ich davon aus, daß er nicht mehr lebt. Definitiv erfuhr ich dies aber erst am 7. Januar 2016 von Harald Kreuzer: Norbert ist am 18.08.2014 verstorben. Auch er wunderte sich, daß im Internet nichts zu Norbert zu finden ist: Schließlich war er ja kein Niemand. Alex We meinte später treffend: Er hat was hinterlassen! Auch er hat Momente für die Ewigkeit eingefangen. Die Frage ist dann immer: was geschieht mit den Fotos eines verstorbenen Fotografen, der nicht "prominent" ist?

Damals, September 2002 schrieb ich ihn einfach an. Unsere Unterhaltung dauerte etwa 10 Jahre, auch wenn wir uns in immer größeren Abständen schrieben. Inzwischen habe ich vielleicht auch ein wenig fotografieren gelernt, doch ich rechne es ihm sehr hoch an, daß er mich von Anfang an ernst nahm. Vielleicht lag es daran, daß wir beide eine musikalische Vergangenheit und Erfahrungen mit der Malerei hatten. Wie er würde ich sagen, daß der Blick und die Gestaltungsfähigkeiten eines Malers oder einer Malerin für das Fotografieren sehr nützlich sind. Wir haben ein Gefühl für Proportionen und Bildaufteilung und sehen sofort, ob eine Aufnahme gut ist. Er war immer sehr skeptisch, was digitale Fotografie angeht: Ich kaufe mir erst dann eine digitale Kamera, wenn es den 1:1 Sensor gibt. Ich verstand darunter eine unendliche Auflösung, er meinte vielleicht aber mehr. Vielleicht sah er, daß die Dynamik eines Sensors dem analogen Filmmaterial kaum nahe kommt, obwohl dieser Mangel bei guten digitalen Aufnahmen nicht sofort in's Auge springt.

Experimentierfreudig wie er war, freundete er sich irgendwann doch mit der digitalen Technik an: ja, ich mach alles digital, hab mir die sauteure nikon d3 zugelegt...

Norbert beherrschte das Fotografenhandwerk. Er konnte ebenso perfekt im Studio die Beleuchtung einsetzen oder das draußen vorhandene Licht nutzen. Trotzdem wußte er, daß technische Perfektion allein noch keine gelungene Fotografie ausmacht. Er vermied Routine. Er wollte immer wieder von den eigenen Aufnahmen begeistert sein. Auch gab er zu, daß es ihm eine kindliche Freude bereitet, einen Pokal nach dem anderen in die Vitrine zu stellen. Er gewann viele Preise.

Die meisten werden seinen Namen mit Aktaufnahmen verbinden. Es hat aber auch hervorragende Landschaftsaufnahmen und Architektur gemacht. Er konnte eigentlich alles virtuos abbilden. Er fotografierte nicht nur weibliche Models. Sicher wußte er, daß Klischees und Sexismus in der Aktfotografie lauern. Mit der Zeit arrangierte er Szenen, in denen auch Männer vorkamen. Wie gerne würde ich mit ihm jetzt darüber diskutieren, wenn er noch da wäre.

Wir haben uns über alles Mögliche unterhalten. Mir geht viel Anekdotisches durch den Kopf. Irgendwann habe ich einen virtuellen Zeppelin mit POV-Ray gebaut, was auch eine fotografische Übung ist, da man eine virtuelle Kamera handhaben muß. Der Zeppelin erinnerte ihn an das Ei, das er in seiner Ausbildung fotografieren mußte. Ich kann mir vorstellen, daß ein auszuleuchtendes Ei pädagogisch nicht schlecht ist, um bewußt auf Licht und Schatten zu achten.

Auch Norbert hat mit digitaler Technik experimentiert und Fotos bearbeitet. Dabei sind Montagen und Verfremdungen entstanden, die über reines Probieren hinaus gehen. Solchen Programmen zu entkommen ist schwer. Meistens bleiben die Autoren der Programme die wahren Künstler und wir reproduzieren nur das, was sie an Möglichkeiten hinein programmiert haben. Norbert hat es sicher ein paar mal geschafft.

Er stand mir immer als Ratgeber zur Verfügung. Wenn ich mir z.B. ein neues Objektiv kaufen wollte, recherchierte ich nicht nur im Internet, sondern fragte auch ihn, welches was taugt.

Schade finde ich es im Nachhinein, daß ich in den letzten zwei Jahre seines Lebens keinen Kontakt mehr zu ihm hatte. Ich hab gelegentlich auf seine Webseite gesehen und mich über neue Fotos gefreut. Ich hätte öfter Hallo sagen sollen.


Der Vollständigkeit halber:

Norbert Felzl, 1943 in Wien geboren, war zuerst Berufsmusiker, Straßenkünstler und Kunstmaler. 1988 erlitt er eine Massenhirnblutung. 1993 fing er an zu fotografieren, nachdem es ihm wieder etwas besser ging. Danach ließ er sich professionell ausbilden und hat ab 1999 selber Portrait- und Aktfotografie unterrichtet. Von 1995 bis 2004 war er Mitglied im Wiener Lichtbildner Klub. Er gewann nationale und internationale Preise.

Vielleicht wird man seine wirkliche Bedeutung erst später entdecken, sofern sein Werk nicht verloren geht.


Lesen Sie bitte auch den Nachruf von Harald Kreuzer, der bei Norbert Felzl Unterricht genommen hat.

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Erstellt: 9. Januar 2016 20:21
Geändert: 4. August 2021 12:48
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Blame the Victim: Griechenland

18. Juli 2015 22:43

Beim folgenden Text handelt es sich um eine Stellungnahme von Blockupy. Er wurde am 14.07.2015 unter Copyleft zur Verfügung gestellt. Als Anhänger des geschaßten griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis freut mich besonders, daß darin ein paar seiner Sichtweisen zum Ausdruck kommen. Ich bin absolut parteiisch. So wie ich gegen Hartz IV bin, bin ich für eine gerechte Lösung für Griechenland. Was kann ein Kind dafür, das unter den gegenwärtigen Bedingungen in Griechenland (oder gar in Europa) aufwachsen muß?

Den Text gibt es auch auf Englisch. This text is also available in English.

#ThisIsACoup: Das #OXI an jede Wand, auf jede Straße!


1 Euro Shop1 Euro Shop © Foto: SpaceShoe [Learning to live with the crisis] CC: BY via flickr 
(Für größere Ansicht anklicken)
Hunderttausende haben am 3. Juli auf den Straßen von Athen zu den Zumutungen der Sparpolitik, zu ihrer Verelendung, zu der Rettung von Banken auf Kosten der Menschen unüberhörbar OXI! NEIN! gesagt. Dieses OXI! NEIN! ist am 5. Juli im griechischen Referendum mit einer beeindruckenden Mehrheit von 61% bekräftigt worden. OXI! NEIN! hallte durch ganz Europa, gab den Erniedrigten Hoffnung, ermutigte die Widerständigen – und schreckte die Mächtigen auf.

Nur eine gute Woche später kapituliert Griechenland vor der Forderungen der Gläubiger. Die Renten müssen noch weiter gekürzt, die Mehrwertsteuer soll erhöht werden. Wie bei der Abwicklung der DDR wird eine „Treuhand“ eingerichtet, um 50 Milliarden Staatsvermögen für Schuldendienst und Bankenrettung zu verscherbeln. Die Demokratie in Griechenland ist faktisch ausgehebelt, es wird zu einem besetzten Land: Alle Gesetze und Verordnungen müssen noch vor ihrer Beratung im Parlament von den „Institutionen“ genehmigt oder abgelehnt werden. Selbst alle Maßnahmen zur Linderung der unmittelbaren sozialen Not aus den vergangenen 6 Monaten werden in Frage gestellt.

Niemand, der bei klarem Verstand ist, kann dieses Ergebnis des Eurogipfels eine „Einigung“ nennen. Es war ein Diktat, das mit dem Messer am Hals erzwungen wurde. Wie die Millionen Menschen, die den Hashtag #ThisIsACoup über Twitter verbreitetet haben, richtig erkannten , war es ein Staatsstreich, ein Putsch. Angesichts dieser mit gezogener Waffe erfolgten Erpressung diskutieren wir nicht das Verhalten des Überfallenen, sondern zeigen mit dem Finger auf den Täter und nennen ihn einen Verbrecher.

Alle in Europa und in der ganzen Welt wissen, von wem dieser Putsch ausging: Es war die deutsche Bundesregierung, es waren Wolfgang Schäuble und Angela Merkel, die ihre Linie der gnadenlosen Demütigung in Europa durchgesetzt und den schüchternen Widerspruch aus Italien oder Frankreich schnell zur Seite geschoben haben. Unterstützt und abgesichert wurden sie dabei von Gabriels SPD und von weiten Teilen der deutschen Medien. Sie konnten sich dabei auf einen nationalistischen Konsens der deutschen Mehrheitsgesellschaft stützen und profitierten von der Angst mancher linker Organisationen vor Meinungsumfragen.

Der Preis, den die Mächtigen dafür zu bezahlen haben, ist hoch: Das Mäntelchen aus „gemeinsamen Werten“, „Solidarität“ und „Demokratie“, das sich EU-Europa so gern umhängt, ist endgültig fadenscheinig und rissig geworden. Darunter schimmert der eigentliche Kern deutlich hervor: Die Herrschaft der Kapitalrendite und der Wettbewerbsfähigkeit, die Aushöhlung der Demokratie durch die nackte, erpresserische Gewalt und die anmaßende deutsche Vorherrschaft. Europa ist politisch bankrott und die Risse im System sind nur vorübergehend zugekleistert.

Alle wissen, dass die Erniedrigung Athens, die abermalige Steigerung des sozialen Elends, die Ausplünderung noch der letzten ökonomischen Reserven Griechenlands selbst unter kapitalistischen Maßstäben unvernünftig ist. Die Krise ist nicht gelöst, sie ist nur abermals verschärft und gleichzeitig verschoben. Dutzende, auch angesehener bürgerlicher Ökonomen bestätigen das.

Warum also tun die deutschen und europäischen Eliten etwas, das niemals zu wirtschaftlicher Erholung in Griechenland und zu einer Überwindung der europäischen Krise führen kann? Weil es ihnen um ganz etwas anderes geht: Um Abschreckung und demonstrative Bestrafung und um das Nutzen der Krise, um die Sozialstandards nicht nur in Griechenland, sondern in ganz Europa dauerhaft zu senken. Politik soll in Europa weiterhin die Sache von „Expert_innen“ der Unterdrückung sein, in der die Stimme der Vielen nur ein störendes Hintergrundgeräusch, eine unverständliche Sprache bleibt.

Niemand in Europa, keine Regierung, keine Bewegung, keine Gewerkschaft soll es mehr wagen, sich dem deutschen Diktat der Sparpolitik und der Schleifung des Sozialen im Namen der Wettbewerbsfähigkeit zu widersetzen. Die Menschen in Spanien sollen nicht „falsch“ wählen, die Jugend in ganz Südeuropa soll sich in die Perspektivlosigkeit von Erwerbslosigkeit und prekären Jobs fügen und auch deutsche Erzieher_innen, Postangestellte, amazon-Beschäftigte oder Lokführer_innen sollen nicht zu aufmüpfig werden. Wer Widerstand leistet, dem soll es danach noch schlechter gehen als vorher.

Das ist die Traurigkeit des gegenwärtigen Kapitalismus: Er hat keine Hoffnungen und keine Perspektiven mehr anzubieten, sondern regiert mit der Erpressung, der Angst, der rassistischen Spaltung und der Ideologie der Alternativlosigkeit.

Allzu viele in Deutschland haben sich von einer beispiellosen Medienkampagne einreden lassen, die gnadenlose Behandlung und Bestrafung der Menschen in Griechenland sei in ihrem eigenen Interesse. Allzu viele haben die Märchen von den wohlhabenden griechischen Rentner_innen geglaubt und haben in den Chor derjenigen eingestimmt, die jede Häme, jedes Nachtreten, jede Verachtung für erlaubt hielten. Der Neo-Nationalismus vernebelt die Köpfe und genau das ist auch seine Aufgabe.

Gleichzeitig wissen aber viele Menschen, auch in Deutschland, dass wir viel öfter und viel lauter OXI! NEIN! sagen müssen. NEIN zu Niedriglöhnen und prekärer Beschäftigung! NEIN zu steigenden Mieten und der Verdrängung von Menschen aus ihren Stadtteilen! NEIN zu krankmachendem Stress und immer längeren Arbeitszeiten! NEIN zur Zerstörung der sozialen Infrastruktur! NEIN zu den Schulden, die Millionen Menschen auch hierzulande die Luft zum Atmen nehmen! NEIN zu den JA-Sagern, NEIN zu ihrer Propaganda, die uns zu Kompliz_innen ihrer Erpressung machen will! NEIN zu diesem Leben, das das Leben mit Füßen tritt!

Das OXI! vom Syntagma-Platz in Athen ist nicht tot. Kein erpresster Kompromiss kann es zerstören, wenn wir es aufnehmen und zu unserem NEIN! machen. OXI! NEIN! an vielen verschiedenen Stellen, in all unseren Kämpfen und überall in unserem Alltag. Und gleichzeitig ein gemeinsames OXI! NEIN! in ganz Europa, weil unser NEIN! gleichzeitig ein Ja ist zu einem anderen Europa, das mit dem verkommenen Europa der Mächtigen nichts mehr zu tun hat, sondern das ganz neu von unten aufgebaut werden muss.

Das nächste große Blockupy, die nächste große europäischen Mobilisierungen nach Brüssel oder Berlin werden kommen. Auch in diesen Tagen finden in vielen Städten Europas Versammlungen und Kundgebungen statt, an denen wir uns beteiligen.

Aber es geht uns um mehr als einen Aktionsvorschlag, um mehr als den nächsten Demo-Aufruf. Wir wollen, dass sich das OXI! NEIN! verbreitet, dass alle Aktionen und Kämpfe, die es überall in Europa, in Deutschland, in unseren Orten gibt, dieses OXI! NEIN! aufnehmen, es sich zu eigen machen und es in tausend verschiedenen Formen herausschreien. Das ist eine langfristige Aufgabe, mit der wir dennoch heute beginnen müssen! Die Niederlage des griechischen Aufbruchs, die eine gemeinsame Niederlage von uns allen ist, hat das Kräfteverhältnis im europäischen Kapitalismus noch einmal unmissverständlich dokumentiert. Sie hat aber auch gezeigt, dass die Herrschaft nur noch autoritär verteidigt werden kann – und was sie jetzt schon dafür alles in die Waagschale werfen müssen. Das kann sich noch als Pyrrhussieg für das deutsche Europa herausstellen.

Lasst uns deswegen in dem OXI! NEIN! unsere Gemeinsamkeit, unsere Solidarität und unsere Stärke entwickeln, damit den JA-Sagern ihre Waffen der Erpressung bald aus den Händen geschlagen werden. Das OXI! NEIN! muss an die Fassaden dieser scheinbar heilen Welt, die nur von der nackten Gewalt zusammengehalten wird, an jede Wand, auf jede Straße!


Ein paar weitere Informationen:


Die Austeritätspolitik beruht nicht auf wissenschaftlichen Grundlagen, sondern auf einem simplen Rechenfehler der dadurch zustande kam, daß bei einer Exel-Tabelle (© Microsoft) ein Teil der Daten ausgeblendet war. Die Autoren Kenneth Rogoff und Carmen Reinhart waren sich derart sicher, daß sie ihre Tabellen arglos einem Studenten überließen, der über den Fehler stolperte: Europas Sparpolitik sitzt bösem Rechenfehler auf.

Einen sehr schönen Kommentar gab es von RA Thomas Stadler (@RAStadler): Ist der ESM in Wirklichkeit ein Perpetuum mobile?

Campact hat ein Video mit weiteren guten Argumenten auf Youtube veröffentlicht:



Was den Grexit angeht, den Austritt Griechenlands aus dem Euro, bin ich etwas anderer Meinung. Zuerst einmal verweise ich auf diese Meldung von 01.02.2012 des größten griechischen Landwirtschaftsverbandes, Greece could feed itself, says farmers conference, nach der niemand in Griechenland verhungern müßte. Das Land ist was die Nahrungsmittelversorgung angeht nahezu autark.

Ein Austritt Griechenlands wäre langfristig für die Menschen die beste Lösung. Schwer angeschlagen würde dadurch nicht die noble Idee der europäischen Vereinigung, wie man uns weißmachen will, sondern das Europa der Absahner, das alles in Frage stellt, was Kultur, Humanität und Völkerverständigung ausmacht. Natürlich wäre auch mit heftigem Widerstand der oberen Kaste Griechenlands zu rechnen. Die haben wahrscheinlich schon längst mit der Troika ausgehandelt, wie es weitergehen soll.

Varoufakis wollte sich die Option eines aktiven Austritts Griechenlands offen halten. Vielleicht hat ihm das seinen Posten gekostet, obwohl er sicher einen großen Teil der griechischen Bevölkerung hinter sich hätte. Griechenland würde mit einer eigenen oder mit einer Parallelwährung besser fahren. Viel schlimmer kann es für die Menschen nicht mehr kommen. Die Krise dauert schon eine Weile. Die Menschen haben sich vielerorts organisiert.



Als ich dieses Video das erste Mal sah dachte ich, da fehlt eigentlich nur noch ein Chiemgauer und die Menschen könnten anfangen, ihr Land aus eigener Kraft neu aufzubauen.

Varoufakis hatte tatsächlich mit einem kleinen Team angefangen, einen möglichen Austritt und die Ausgabe einer eigenen Währung anzudenken. Es blieb aber bei diesen Anfängen, da er nicht wollte, daß dies eine selbsterfüllende Eigendynamik bekommt. Er vertrat stets realistische, moderate Ansichten, hatte aber einen etwas weiteren Blick, der über tagesaktuelle Reaktionen hinaus ging. Sehr aufschlußreich ist hierzu das erste Interview, das er nach seinem zurück getreten Werden dem New Statesman gab.

Yanis Varoufakis full transcript: our battle to save Greece

Deutsche Übersetzung:
"Unsere Schlacht, Griechenland zu retten" – Interview mit Varoufakis

Ein weiteres Interview (engl.) nach dem Deal gab es von ABC: Yanis Varoufakis on Greek crisis on Late Night Live.

Wer sich mit den Erfahrungen als griechischer Finanzminister und den Gedanken von Varoufakis beschäftigen möchte, liest am besten in seinem Blog (engl.) oder folgt ihm auf Twitter: @yanisvaroufakis.

U.a. kann man sehr ausführlich nachlesen, was Die Zeit zumindest online arg gestutzt hat: Dr Schäuble’s Plan for Europe: Do Europeans approve? - English version of my article in Die Zeit.

Zu Schäuble gibt es neben seinem Gedächtnisausfall bezüglich eines Geldkoffers von Waffenhändler Schreiber ein pikantes Detail: The fund they want Greek assets transferred to is managed by... Schäuble. Schäuble ist Vorsitzender des Aufsichtsrates jenes Fonds (KFW), an den die aus Griechenland gepressten Privatisierungserlöse fließen sollen.

Dazu noch der Streit um berechtige Kriegsreparationszahlungen und ich kann nur noch eines sagen:

Als Europäer schäme ich mich, Deutscher zu sein!


Darum: Treten Sie zurück. Sie verspielen die Zukunft Europas!


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Erstellt: 18. Juli 2015 22:43
Geändert: 20. Juli 2015 13:41
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